Indischer Bischof dankt für Misereor-Hilfe aus Deutschland

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Für die jahrzehntelange Unterstützung der notleidenden Menschen in seiner Diözese Baruipur (südlich von Kalkutta) hat der indische Bischof Salvadore Lobo den deutschen Katholiken gedankt.

Diese Hilfe sei für sein Bistum, das jährlich von Überflutungen und Zyklonen heimgesucht wird, besonders bei Naturkatastrophen von großer Bedeutung, sagte der Bischof am Donnerstag in Speyer bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Misereor-Fastenaktion 2012. Die Kampagne des bischöflichen Hilfswerks unter dem Motto „Menschenwürdig leben – Kindern Zukunft geben“ wird am Sonntag um 10 Uhr mit einem Gottesdienst im Speyerer Dom bundesweit eröffnet.

Lobo, der am Sonntag zu den Konzelebranten zählt, schilderte mit drastischen Worten die soziale Lage in seiner Heimat. 37 Prozent der 1,23 Milliarden Inder lebten unterhalb der Armutsgrenze. „Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Welt hat genug für die Bedürfnisse der Menschen, aber nicht genug für die Habgier.“ Nach neuesten Untersuchungen benötigten 40 Prozent der Inder unter 18 Jahren Hilfe. Diese vernachlässigten Kinder hätten nur mit entsprechender Unterstützung eine Zukunftschance.

Der Bischof verwies darauf, dass mit Bildung auch Kindern mit schlechten Startbedingungen eine Perspektive eröffnet werden könne. So seien einige der in Müllcontainern ausgesetzten Kinder, um die sich Mutter Teresa gekümmert habe, mittlerweile in hohe gesellschaftliche Positionen aufgestiegen. „Diese Kinder hätten ohne unsere Hilfe nicht einmal überlebt“, betonte der Bischof und fügte hinzu: „Es ist unsere Aufgabe als Christen, uns einander zuzuwenden.“

„Eine Milliarde Menschen leben in Elendsvierteln und müssen hungern – davon sind 400 Millionen Kinder“, sagte Misereor-Hauptgeschäftsführer Professor Dr. Josef Sayer. Es sei nicht hinnehmbar, dass in einer Welt, die mit so vielen Gütern gesegnet sei, so viele Kinder unter „barbarischen Bedingungen“ leben müssten. Sayer kritisierte zudem die Rolle der Politik. „Die Hungernden spielen nicht so eine Rolle wie der Finanzsektor. Hier läuft etwas schief.“ Es könne auch nicht akzeptiert werden, dass „Kinder hungern müssen, weil an den Börsen mit Lebensmitteln spekuliert wird“.

Sayer betonte,die Situation fordere die Christen zu einem solidarischen Verhalten heraus. Ziel müsse sein, dass alle Menschen „als Kinder Gottes entsprechend würdig leben können“.

Auch der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann kritisierte das mangelhafte politische Engagement gegen den Hunger in der Welt. „Solange notwendige entwicklungspolitische Schritte nicht vollzogen werden, wird es immer wieder zu Hunger- und Notsituationen kommen“, bemerkte er. Schon vor 40 Jahren hätten sich die Industrienationen darauf verständigt, 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen -ein Ziel, das in Deutschland nach wie vor nicht erreicht sei. Auch die vor zwölf Jahren auf dem Millenniumsgipfel getroffene Vereinbarung, die Zahl der in Armut lebenden Menschen bis 2015 zu halbieren, sei nicht mehr realisierbar. „So lange es nicht einmal gelingt, solche Minimalziele zu erreichen, sind die Armen im Süden auf unsere Solidarität angewiesen. Ihnen zu helfen ist unsere Aufgabe als Christen“, betonte Wiesemann.

Erfreut zeigte sich der Bischof über die vielen Hilfeleistungen und Brückenschläge aus dem Bistum Speyer in andere Kontinente. So habe im letzten Jahr die Misereor-Kollekte im Bistum mit zusätzlichen Spenden 721 000 Euro erbracht, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Durch die rund zwanzig Hungermärsche fließe jährlich eine Spendensumme von fast einer halben Million Euro in die Entwicklungsarbeit. Ebenso würdigte der Bischof den Einsatz der über 80 Missionarinnen und Missionare aus dem Bistum Speyer sowie der jungen Erwachsenen, die sich in den Ländern des Südens auf begrenzte Zeit freiwillig in sozialen Projekten engagieren.

Von den Eindrücken einer Reise, die ihn mit einer Bistumsdelegation im November nach Kalkutta geführt hatte, berichtete Weihbischof Otto Georgens. Besonders berührt habe ihn die Situation der Müllsammlerinnen und Müllsammler, die – gemeinsam mit Schweinen – im Müll wühlen müssten, um überleben zu können. Für diese Menschen setze sich – ohne Ansehen der Religionszugehörigkeit – ein Misereor-Projektpartner ein. „Der Dialog der Religionen beginnt hier auf der untersten Ebene“, so der Weihbischof, der im Bistum Speyer als Bischofsvikar für weltkirchliche Aufgaben wirkt.

Der Eröffnungsgottesdienst der Misereor-Fastenaktion wird am Sonntag live in der ARD übertragen. Die Aktion ist verbunden mit einer Vielzahl von Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten im Bistum, an denen internationale Gäste, Politiker und viele Gläubige teilnehmen. Anliegen all dieser Aktionen sei, zur Bewusstseinsbildung beizutragen und solidarisches Engagement zu fördern, erklärte Bischof Wiesemann.

Weitere Informeationen unter www.misereor.de.

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Foto: Prälat Sayer, Bischof Wiesemann, Bischof Lobo und Weihbischof Georgens (von links) präsentierten das "Soli-Brot", das im Rahmen der Aktion in Bäckereien verkauft wird.