Schraudolph-Fresko nach 55 Jahren in den Dom zurückgekehrt

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55 Jahre nach der Entfernung der Schraudolph-Fresken aus dem Speyerer Dom ist das erste der monumentalen Kunstwerke wieder in die romanische Kathedrale zurückgekehrt: Frisch restauriert hängt „Das Gebet des Papstes Stephanus“ seit Montag im Kaisersaal des Dom-Westwerks. Dort wird nach umfangreichen Umbau- und Restaurierungsmaßnahmen, die derzeit noch laufen, Ende 2012 eine Schraudolph-Dauerausstellung eröffnet.

„Ich bin sehr froh, dass die Bilder wieder fast genau dort hängen, wo sie geschaffen worden sind“, so Restaurator Vitus Wurmdobler, in dessen Werkstatt in Erbes-Büdesheim die Fresken in den vergangenen drei Jahrzehnten gelagert und umfassend restauriert wurden. Auf hauchdünne Glasfaserseide hat Wurmdobler das 6,14 auf 4,15 Meter große Werk des Kunstmalers Johannes Schraudolph appliziert, der Mitte des 19. Jahrhunderts den Dom im Auftrag des bayerischen Königs Ludwig I. ausmalte. Im Kaisersaal hat das Fresko seinen neuen Platz auf einer rund zehn Meter hohen, frei stehenden und speziell beschichteten Trägerkonstruktion gefunden. Insgesamt werden ab Jahresende acht große Schraudolph-Fresken gezeigt, darunter auch die drei Bilder aus dem Bernhardszyklus, die bisher noch in der Domschatzkammer im Historischen Museum der Pfalz in Speyer zu sehen sind. Höhepunkt der neuen Dom-Präsentation wird die monumentale Marienkrönung auf rund 75 Quadratmetern in der Kuppel des Mittelturmes.

Bekannt ist die Kunst der Nazarener-Bewegung, der Schraudolph angehörte, nicht zuletzt für die Leuchtkraft ihrer Farben. Um dies richtig zur Geltung zu bringen, kommt im Dom eine eigens für die Ausstellung entwickelte Form der Beleuchtung zum Einsatz. „Anstelle von direktem Licht verwenden wir Streiflicht von allen Seiten, basierend auf moderner LED-Beleuchtung“, erläutert der stellvertretende Dombaumeister Mario Colletto. Die Lampen sind in der Trägerkonstruktion eingebaut und dienen auch zur indirekten Beleuchtung des weitgehenden abgedunkelten Raumes.

Mit der Dauerausstellung im Kaisersaal findet die neue Wertschätzung der Nazarener, denen 2012 in Rheinland-Pfalz noch zwei weitere Ausstellungen – in Remagen-Rolandseck sowie in Mainz – gewidmet sind, einen besonderen Ausdruck. Bei der großen Dom-Restaurierung vor rund einem halben Jahrhundert stand die religiös-romantische Kunstrichtung dagegen nicht hoch im Kurs, wurde gar als „Kitsch“ geschmäht. Bis auf den Marien-Zyklus im Mittelschiff wurden sämtliche Schraudolph-Werke aus der Kathedrale entfernt, um dem salischen Dom seine romanische Raumgestalt wiederzugeben. Auch die Ornamente des Dekorationsmalers Joseph Schwartzmann fielen der Purifizierung in der damals ganz farblich gefassten Kathedrale zum Opfer.

Glücklicherweise hatte das Domkapitel jedoch den Herxheimer Restaurator Otto Schultz beauftragt, die größten und wichtigsten Fresken abzunehmen und zu retten. Es gelang Schultz, mit Knochenleim und Hanfgewebe die oberste Malschicht vom Putz zu lösen. Zusammengerollt lagerten die Gemälde zwei Jahrzehnte lang im Kaisersaal. Anfang der 80er Jahre entwickelte Restaurator Wurmdobler ein Verfahren, um die Schauseite der Bilder wieder sichtbar zu machen. Dabei wurden die Rollen zunächst mit der Rückseite nach oben ausgebreitet und geglättet. Nach der Reinigung von allen Putzresten wurde die Rückfläche der Malschicht mit einem Glasfasergewebe als neuem Träger verschmolzen. Anschließend wurde das Bild gewendet, Hanfstoff und Knochenleim auf der Bildoberfläche wurden mit Feuchtigkeitspackungen aus destilliertem Wasser solange aufgeweicht, bis sich die Stoffflicken abziehen ließen. Somit lag die auf dem Glasfasergewebe haftende Malschicht wieder frei.

Für den Restaurator schließt sich mit der neuen Präsentation im Dom der Kreis. Für ihn sei nie in Frage gekommen, die Fresken an irgendeiner Wand zu fixieren, betont Wurmdobler. „Mein Gedanke war immer, die Bilder so zu behandeln, dass sie wieder in den Dom zurückkehren könnten.“