„Ostern holt die Gotteswirklichkeit in unsere Welt“

Speyerer Dom

Festlich gestaltete Gottesdienste zogen in der Osternacht und am Ostersonntag in großer Zahl Gläubige aus der ganzen Region in den Speyerer Dom.

In der fast dreistündigen Osternachtsfeier, der Hauptfeier des Kirchenjahres, empfing eine junge Frau aus der Dompfarrei die Sakramente der Taufe, Firmung und Erstkommunion.

Aufgewachsen in der ehemaligen DDR, hatte die Frau in der Pfalz durch die Familie ihres Mannes zum Glauben gefunden. Auch in anderen Pfarreien des Bistums wurden in der Osternacht -gemäß urchristlicher Tradition -Erwachsene getauft und gefirmt. Dies sei ein starkes Zeichen dafür, so Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, was die Auferstehung Christi bedeute: Sie geschehe mitten im ganz persönlichen Leben. "Auferstehung manifestiert sich in den Biografien von Menschen, die etwas erfahren haben, das ihren Horizont sprengt." Am Ende der Feier erinnerte der Bischof an den Brauch des Osterlachens, der zeige, dass den Christen die Freude über den Osterglauben ins Gesicht und ins Herz geschrieben sei.

In seiner Predigt am Ostersonntag betonte Bischof Wiesemann, der Glaube an den auferstandenen Jesus Christus sei nicht Weltflucht, sondern Sendung in die Welt hinein. Wiesemann widersprach damit der seit dem 19. Jahrhundert immer wieder neu vorgebrachten Kritik, der christliche Auferstehungsglaube vertröste die Menschen auf ein Jenseits, um sich nicht mit den himmelschreienden Ungerechtigkeiten in dieser Welt auseinandersetzen zu müssen. Nicht der die Welt übersteigende Glaube zementiere die Zustände in unserer Welt, sondern das Trägheitsgesetz dieser Welt.

Alle Ungerechtigkeit dieser Welt könne sich durch die Herrschaft des Todes sicher fühlen, erklärte der Bischof. Der Auferstandene, den Gott von den Toten auferweckt habe, rufe hingegen die Gotteserinnerung im Menschen wach und sei daher die größte Verunsicherung aller verfestigten und verfilzten Machtverhältnisse. Es gebe immer die religiöse wie auch die weltliche Versuchung, die Gottesherrschaft auf das Jenseits zu verschieben oder sie sich als Utopie vom Leibe zu halten, so Wiesemann. Das Entscheidende am Christentum sei, dass es eben nicht auf die Auferstehung am Ende der Zeiten vertröste. "Ostern holt die Gotteserinnerung, die Gotteswirklichkeit radikal mit der Auferstehung Jesu in unser Leben, in unsere Welt, in unsere Zeit hinein – und schafft somit die echte Vision einer befreiten, erlösten Welt." So sei auch die von Benedikt XVI. in seiner Freiburger Rede angesprochene "Entweltlichung" der Kirche nicht als Rückzug aus der Welt zu verstehen. Der Papst fordere vielmehr dazu auf, aus dem Glauben die Freiheit zu gewinnen, sich "auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuzuwenden, wirklich weltoffen zu sein". Musikalisch gestaltet wurde das Osterhochamt vom Domchor, dem Domorchester und Vokalsolisten mit der Messe in d-Moll von Anton Bruckner.