„Heilende Musik“ über alle Grenzen hinweg

Das Motto-Jahr 2012 der Luther-Dekade „Musik und Kirche“ hat Halbzeit – Anlass genug, nochmals einige Facetten aufleuchten zu lassen. Beispielsweise die vor 17 Jahren in der Kirche des Pfalzklinikums Klingenmünster etablierte Konzertreihe „Heilende Musik“.

Als Klinikpfarrer Wolfgang Roth im Mai dieses Jahres nach fast 20jährigem Dienst als Klinikseelsorger des Pfalzklinikums für Psychiatrie und Neuralgie Landeck verabschiedet wurde, gab ihm neben anderen auch der „Ökumenische Kammerchor in der Südpfalz“ musikalisches Geleit. Kein Wunder: Der leidenschaftliche Sänger zählt dort zum verlässlichen Fundament im Bass, hat außerdem den Landeck-Singkreis von Beginn an mitgetragen und die erfolgreiche Konzertreihe „Heilende Musik“ organisiert.

1995, so erinnert sich Wolfgang Roth, hatte der ehemalige Landeskirchenmusikdirektor Heinz Markus Göttsche die Reihe mit vier bis fünf Konzerten im Jahr in der Kirche des Klinikums eingerichtet. „Der Chor bestand zunächst aus einigen Freunden, ehemaligen Mitgliedern der Jugendkantorei, Mitgliedern des Singkreises an der Katharinenkapelle Landau, aber auch Singenden aus den Reihen des Klinikpersonals. Immer öfter kamen auch Patienten dazu, die längere Zeit in der Klinik verweilen mussten und nicht selten musikalisch vorgebildet waren.“

Er persönlich habe mit dem Anspruch „heilend“ immer etwas Probleme gehabt, so Roth. „Aber die Vokabel ‚heilsam‘ passt auf jeden Fall. Gerade bei unserer schwierigen Klientel hat Musik eine wundervolle Wirkung. Sie setzt Emotionen frei und hebt Grenzen auf.“ Chor und Publikum setzten sich aus Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft zusammen. So wirke das Projekt nach innen und nach außen, sagt der Seelsorger.

Voll Dankbarkeit erinnere er sich des unermüdlichen Einsatzes von Heinz Markus Göttsche, der mehr als 15 Jahre lang fast jeden Sonntagsgottesdienst kirchenmusikalisch ausgestaltet habe. „Für die Konzerte begeisterte er, neben dem Chor, fabelhafte Solisten und Instrumentalisten. Wir haben großartige Werke von der Renaissance bis zur Moderne aufgeführt – und dies mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln.“

Dass das heilsame Projekt weitergeführt werden kann, dafür haben beide Akteure Sorge getragen: Der 2010 verstorbene Professor Heinz Markus Göttsche, indem er seinen Kammerchor in die versierten Hände des Kirchenmusikers Achim Silbernagel gelegt und obendrein seinen Schimmel-Flügel als Dauerleihgabe in der Klinikkirche belassen hat. Und Pfarrer i. R. Wolfgang Roth, indem er dem Projekt „Heilende Musik“ weiterhin seine Bassstimme und sein organisatorisches Talent zur Verfügung stellt.

Einmal, so schildert Roth, habe ihm ein Patient aus der Forensik – „ein ganz einfacher Mensch und ziemlich harter Junge“ – nach einem Konzert seine tiefe Bewegung ausgedrückt: „Dass ich so etwas einmal erleben darf, hätte ich mir nie vorstellen können.“