Was tun gegen Rechtsradikalismus? Innenminister Lewentz diskutiert mit BBS-Schülern

Der Liedermacher Ulli Valnion stimmte die über hundert anwesenden Schülerinnen und Schüler musikalisch auf das Thema ein.

Bei einer Diskussionsveranstaltung in der Berufsbildenden Schule Südliche Weinstraße stellten sich der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) und Landtagsabgeordneter Wolfgang Schwarz (SPD) vor Berufsoberschülern Technik, Hotelfachschülern und Glaser-Lehrlingen der Frage: „Was tut die Landesregierung gegen Rechtsradikalismus?“

Schulleiter Helmut Schweder betonte in seiner Begrüßung: „Man darf das Thema aber nicht nur an die Politiker abgeben, es ist auch unser Thema als >Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage<“. Initiiert hatte den Besuch der ehemalige Lehrer der BBS, Oberstudienrat a.D. Kurt Ludwig, der wegen Krankheit nicht an der Diskussion teilnehmen konnte. Seiner Initiative hat die Schule es auch zu verdanken, dass sie als erste BBS in Rheinland-Pfalz den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ tragen durfte.

Musikalisch auf das Thema eingestimmt durch Liedsänger Ulli Valnion, hielt Lewentz ein Plädoyer für ein NPD-Verbot: „Eine Partei, die so unverfroren hetzt gegen den Staat und dafür auch noch Steuergelder erhält“, wäre ein Widerspruch zu unserem Rechtsstaat. In Rheinland-Pfalz gebe es etwa 700 rechtsextreme Personen, „darunter 230 Neonazis und 350 NPD-Angehörige“, unter denen etwa 150 gewaltbereit seien. Bundesweit gebe es Schätzungen zufolge 22.400 Personen, die sich der Verfassung widersetzen. „Darum bin ich ein klarer Verfechter des NPD-Verbots.“ Er plädierte dafür, dass alle drei Verfassungsorgane, nämlich Bundesrat, Bundesregierung und Bundestag, einen gemeinsamen Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen, und will sich selbst auf der Bundesinnenministerkonferenz im Spätherbst dafür einsetzen, dass im Bundesrat eine möglichst große Mehrheit für ein Verbot der NPD zustande kommt.

Unter der Moderation der Oberstudienräte Peter Schell und Johannes Schneider entwickelte sich eine rege Diskussion. So wollte zu Beginn der Debatte ein Schüler wissen, weshalb das Verbotsverfahren gegen die NPD 2003 gescheitert sei. Lewentz versicherte, dass man aus den alten Fehlern gelernt und die nötigen Konsequenzen gezogen habe. So habe Rheinland-Pfalz alle V-Männer aus den Führungsgremien rechter Vereine und Parteien zurückgezogen. Ein anderer Schüler wollte wissen, ob man mit einem Verbot der NPD nicht die Grundrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, mit Füßen trete. Hier gab der Innenminister zu bedenken, dass nicht er, sondern das Bundesverfassungsgericht über Grundrechtsfragen entscheide und dass sich zu diesem Thema jeder seine eigene Meinung bilden dürfe. Er jedoch sei der Meinung, dass eine Partei die eindeutig „menschenverachtend, fremdenfeindlich, antisemitisch und antidemokratisch“ sei und dies auch in der Öffentlichkeit zeige, in der Bundesrepublik keinen Platz habe und auch nicht mit Steuergeldern unterstützt werden sollte. Die Frage: „Haben Sie im Falle eines NPD-Verbots, keine Angst, dass die NPD im Untergrund weiter agiert und nicht kontrolliert werden kann“, beantwortete Lewentz mit dem Hinweis: „Wenn wir das Verbot nicht versuchen, geben wir der NPD ein Signal, dass sie akzeptiert ist.“ Natürlich bestehe die Gefahr, dass es im Untergrund weitere Aktivitäten gebe; auch befürchte er, dass die zur Zeit in Deutschland aufkommende rechtsorientierte Partei „Die Rechte“ ebenfalls in Rheinland-Pfalz versuche, einen Landesverband zu gründen. Dennoch ist Lewentz der Meinung, man müsse sich gemeinsam um ein NPD-Verbot bemühen.

Zum Ende der Diskussion kamen die Schüler noch auf den Einstieg in und den Ausstieg aus der rechten Szene zu sprechen: „Was tut die Landesregierung, um ein Abdriften junger Menschen in die rechte Ecke zu verhindern?“ – „Wie hilft die Landesregierung Menschen, die aus der Szene aussteigen wollen?“ Für Aussteiger sei, so Lewentz, eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet, die potentiellen Aussteigern mit Rat und Tat zur Seite stehe.Um einen Einstieg junger Menschen in die rechte Szene zu verhindern, werde vor allem auf Prävention und Aufklärung gesetzt, z. B. mit Seminaren und Diskussionsrunden an Schulen. Schüler und Innenminister waren sich darin einig, dass präventive Maßnahmen schon früh beginnen müssten, heißt es zusammenfassend in dem Bericht, den die Berufsoberschüler Technik Markus Waldschmitt, Timo Corfier, Jens Schweizer, Jens Bodenseh, Max Braun, Daniel Garrecht, Christian Müller und Johannes Bauer gemeinsam verfassten.