Die Gicht liegt wesentlich in den Genen begründet – Weltweit größte Studie definiert genetisches Risiko

Wie kommt es zu erhöhten Konzentrationen von Harnsäure im Blut, wie man sie bei Patienten findet, die unter Gicht leiden? Und wie tragen die erhöhten Harnsäure-Konzentrationen zur Entwicklung der Gicht bei? Antworten auf diese Fragen suchte und fand ein internationales Konsortium von Wissenschaftlern (Global Urate Genetics Consortium, GUGC), unter ihnen Forscher der Medizinischen Fakultät Mannheim.

Die Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der sich zu viel Harnsäure im Blut ansammelt (Hyperurikämie). Bilden sich dabei Harnsäurekristalle, so können diese sich in Gelenken, Nieren und Harnwegen ablagern. Extrem schmerzhafte Gichtattacken sind Folge dieser Ablagerungen in den Gelenken, die zur Entzündung und dauerhaften Gelenkschädigung führen können. Etwa zwei Prozent der Bevölkerung der westlichen Industriestaaten sind von der Gicht betroffen.

Die Beobachtung, dass erhöhte Harnsäure-Konzentrationen und Gicht in manchen Familien gehäuft auftreten, ist nicht neu und weist auf eine genetische Komponente hin. In der aktuell im Fachjournal Nature Genetics veröffentlichten Studie untersuchten die 220 international tätigen Wissenschaftler des Forschungsverbunds GUGC die Erbinformation von insgesamt 140.000 Studienteilnehmern, um den genetischen Ursachen der Gicht auf die Spur zu kommen.

In die weltweit größte Studie zu dieser Thematik gingen Daten von mehr als 70 einzelnen Studien ein, die in Europa, den Vereinigten Staaten, Japan und Australien durchgeführt wurden. Dazu zählt auch die LURIC-Studie (Ludwigshafen Risk and Cardiovascular Health), eine prospektive, epidemiologische Studie, die sich der Aufgabe widmet, unbekannte klinische, biochemische und genetische Faktoren zu finden, mit deren Hilfe das Risiko von Herz- und Gefäßerkrankungen bestimmt werden kann.

Die Harnsäure-Forscher des GUGC suchten die gesamte Erbinformation der Studienteilnehmer mittels modernster Methoden systematisch nach genetischen Risiko-Varianten ab. Dabei identifizierten sie 28 Genorte, die mit erhöhten Konzentrationen von Harnsäure im Blut assoziiert sind, und stellten fest, dass diese genetischen Varianten auch mit einem deutlich erhöhten Risiko für Gicht einhergehen.

Die Studie hat außerdem gezeigt, dass die erhöhte Harnsäure-Konzentration im Blut nicht immer auf  eine verminderte Ausscheidung der Harnsäure durch die Niere zurückzuführen ist, sondern auch von Produktion und Verstoffwechselung der Harnsäure beeinflusst wird.

Die Forschung an diesem Thema geht weiter. Die Wissenschaftler haben unter anderem die molekularen Mechanismen im Visier, die einer Neigung zur Gicht zugrunde liegen. Die Kenntnis dieser Mechanismen bildet die Grundlage, um neue Therapien entwickeln und Fortschritte in der Diagnostik sowie der Vorsorge der chronischen Gicht erzielen zu können.

Die Ergebnisse der weltweiten Studie können die medizinische Forschung vorantreiben, weit über die Gicht-Forschung hinaus. Eine 2011 von der LURIC-Studiengruppe veröffentlichte Arbeit zeigt, dass die Konzentration der Harnsäure im Blut auch mit dem Risiko für Herzerkrankungen korreliert. „Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten genomweiten Assoziationsstudien bieten uns konkrete Ansatzpunkte um zu klären, ob die Harnsäure nicht nur die Gicht bedingt, sondern auch das Herz schädigt“, so Professor Dr. Winfried März, der die LURIC-Studie gemeinsam mit Dr. Marcus Kleber vom Mannheimer Institut für Public Health (MIPH) der Universitätsmedizin Mannheim leitet.