Ordensfrau berichtet in Speyer über den Kampf der Indianer um ihr Land

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Wenn Schwester Raquel Peralta von ihrer Arbeit mit und für die Indianer-Völker in Paraguay berichtet, spürt man, wie sehr sie sich mit ihrer Arbeit identifiziert. Die Anthropologin – eine der herausragenden Indigena-Expertinnen ihres Landes – koordiniert auf nationaler Ebene die Indigenen-Pastoral der katholischen Bischofskonferenz. In diesen Tagen ist die Steyler Missionsschwester auf Einladung des kirchlichen Hilfswerks Misereor zu Gast im Bistum Speyer.

„Paraguay ist ein reiches Land. Aber zwei Prozent der Bevölkerung besitzen 85 Prozent des Landes, auf dem sie vor allem Soja für den Export anbauen. Kleinbauern können nur sechs Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche nutzen. Da ist der Hunger vorprogrammiert“, klagt die zierliche Ordensfrau mit einem rotem Schal um den Hals am 25. Februar bei einem Pressegespräch in der Redaktion der Speyerer Bistumszeitung „der pilger“.

Um 100.000 Hektar wächst die Monokultur jährlich. So wurde das kleine Land im Herzen Südamerikas zu einem der größten Soja-Produzenten weltweit. Drei Viertel der Ernte gehen in die Europäische Union, werden zu Viehfutter oder Agro-Treibstoff. Während Paraguay immer mehr Grundnahrungsmittel importieren müsse, profitierten einige wenige Großgrundbesitzer und multinationale Konzerne von dem Geschäft, analysiert Schwester Peralta die Situation. Mehr als 300.000 Kleinbauern-Familien seien ohne eigenes Land. Die Abholzung großer Waldgebiete und gesundheitliche Schäden durch das Versprühen von jährlich 24 Millionen Litern Schädlingsbekämpfungsmitteln gingen ebenfalls auf das Konto der „Soja-Barone“.

Die „Landfrage“ sei auch entscheidend für das Überleben der indigenen Bevölkerung, so macht Schwester Peralta deutlich. Beim von ihr geleiteten „Nationalen Pastoralrat für indigene Angelegenheiten“ (CONAPI) laufen die Fäden im Kampf gegen Landraub und Umweltzerstörung zusammen. Die rund 100 000 Mitglieder von 20 Indianerstämmen machen rund zwei Prozent der Bevölkerung aus. Für die kämpferische Ordensfrau ist klar: „Wenn ein Indiovolk keinen geografischen Raum hat, um die eigene Kultur zu entwickeln und ihre indigenen Eigenheiten zu bewahren, hat dieses Volk keine Zukunft!“

Daher ist die Sicherung des Landbesitzes eine vordringliche Aufgabe des Pastoralrats CONAPI. „Wir haben mit maßgeblicher Unterstützung durch Misereor Strategien entwickelt, mit denen wir indigenen Gemeinschaften jedes Jahr viele tausend Hektar Land sichern können. „Unser Hauptziel ist es, als Kirche bei den indigenen Völkern und Kulturen gegenwärtig und im Kampf um ihre Rechte ihre Verbündeten zu sein“, beschreibt sie das Selbstverständnis der CONAPI-Arbeit, die sich auch auf die Bereiche Bildung und Gesundheit bezieht.

Ein solches Selbstverständnis hat auch Auswirkungen auf die seelsorgliche Arbeit. Sie knüpft an beim Glauben etwa der Guarani. „Für uns geht es darum zu verstehen, dass nicht wir es sind, die Christus und das Evangelium bringen, sondern Christus wartet schon auf uns in dieser Kultur und in dieser Gemeinschaft“, so Schwester Peralta, die großen Respekt hat vor den Werten der Indianer, die geprägt sind von Solidarität und Achtung des Lebens.

Schwester Raquel Peralta beeindruckt durch ihre Arbeit – und durch das Zeugnis ihres Glaubens. „Wie könnte ich Christin und Ordensfrau sein, wenn ich die Augen verschließen würde vor Not und Ungerechtigkeit. Ich schöpfe meine Kraft aus dem Evangelium.“ Und sie fügt hinzu: „Wir können die Welt verändern.“

Das Hilfswerk Misereor ruft in der Fastenzeit dazu auf, den Hunger in der Welt wirkungsvoll zu bekämpfen. „Fast 900 Millionen Menschen auf der Welt müssen hungern; täglich sterben Menschen anderen Folgen von Unterernährung und Hunger“, unterstrich Christoph Fuhrbach, Referent in der Diözesanstelle Weltkirche des Bistums Speyer, während des Pressegesprächs. Die diesjährige Kampagne unter dem Motto „Wir haben den Hunger satt“ wolle aber auch das Bewusstsein schärfen „für die Zusammenhänge des Hungers etwa in Paraguay und dem Lebensstil hier bei uns.“ – Höhepunkt der Fastenaktion ist am 17. März die große Misereor-Kollekte, mit deren Erlös Projekte in aller Welt unterstützt werden.

Weitere Informationen unter www.misereor.de