Vorstellung „Zukunft mit Heimweh“

Landrat Dr. Achim Brötel stellte das fünfte Buch der Reihe „Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises“ vor.

Auf historischem Boden im heutigen Kinder- und Jugenddorf Klinge wurde gestern mit dem fünften Buch der Reihe „Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises“ ein 440 Seiten starkes Werk vorgestellt, das Landrat Dr. Achim Brötel als „historisches Lesebuch allererster Güte“ bezeichnete.

„Zukunft mit Heimweh“, herausgegeben vom Kreisarchiv des Landkreises, beschreibt die Ankunft, die – oft gerade zu Beginn sehr schwere – Integration und die große und unschätzbare Aufbauleistung der Heimatvertriebenen auf dem Gebiet des heutigen Neckar-Odenwald-Kreises.

„Die Themen Flucht und Vertreibung waren schon dokumentiert. Berichte aus der Zeit nach der Ankunft der entwurzelten Menschen hier in unserer Gegend gab es bis dato aber kaum. Die für unser Buch von Autor Dr. Christian Jung und seinen Mitautoren betriebenen Forschungen und die vielen ungeschönten Zeitzeugenberichte schließen damit eine große Lücke“, betonte der Landrat bei der Präsentation im Bernhardsaal, in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Auffanglager „Teufelsklinge“, von wo aus die Flüchtlinge in die Dörfer und Gemeinden des damaligen Landkreises Buchen verteilt wurden. Ein ähnliches Auffanglager existierte in Neckarzimmern für den Kreis Mosbach.

Der Landrat dankte allen, die ihren Beitrag für das Buch geleistet haben, insbesondere dem Autor Dr. Christian Jung, Kreisarchivar Alexander Rantasa, allen Mitautoren, aber auch allen Heimatvertriebenen: „Ohne ihre Aufbauleistung, ihr Wissen, ihr Können und ihren Fleiß hätte sich unser Kreis nicht dahin entwickeln können, wo er heute steht. Sie waren entscheidende Baumeister unseres modernen Neckar-Odenwald-Kreises.“

Der Autor selbst ging in der Folge detailliert auf die Entstehungsgeschichte und den Inhalt des akribisch recherchierten Buches ein, das neben zahlreichen Zeitzeugenberichten auch viele Fotos aus privaten Archiven enthält, die erstmals veröffentlicht werden. Dabei stellte er auch die These auf, dass nicht 35.000 Menschen, sondern mindestens 45.000 Heimatvertriebene ab 1946 hier eine neue Heimat gefunden haben: „Die Listen sind unvollständig.“ Dass die Aufnahme von zig-tausenden Menschen in kürzester Zeit in einem eigentlichen „Notstandsgebiet“ ein Kraftakt ohnegleichen war, belegte ein einfacher Vergleich, den Seckachs Bürgermeister Thomas Ludwig später in seinem Grußwort brachte: Hochgerechnet auf heutige Verhältnisse müssten innerhalb von neun Monaten rund 75.000 fremde Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis untergebracht werden. Und dennoch: „Dieser ungeheure Bevölkerungszuwachs hat mittelfristig einen großen Modernisierungsschub bewirkt und hat dem eher rückständigen Kreis in vielfacher Hinsicht gut getan.“
Auch Alois Gerig MdB, gratulierte zu „Zukunft mit Heimweh“ und brachte das Werk mit drei Schlagworten in Verbindung: Erinnerung an das, was war; Ermahnung, es nie wieder zu Krieg und Vertreibung kommen zu lassen; Ermutigung, auch angesichts einer eigentlich aussichtslosen Situation Hoffnung zu schöpfen.

Das Buch „Zukunft mit Heimweh“ von Dr. Christian Jung et.al. ist im verlag regionalkultur erschienen, ISBN 978-3-89735-700-6, und ist für 24,80 Euro im Buchhandel erhältlich.