Gedenkfahrt des Bezirksverbands Pfalz nach Gurs

Gedenkfahrt nach Gurs: die Delegation des Bezirksverbands Pfalz mit Jugendlichen

„Erinnerung an ein in der Geschichte beispielloses Menschheitsverbrechen ist weit mehr als die Beschäftigung mit einem historischen Ereignis“, sagte Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder bei der Gedenkfeier auf dem Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs.

Vielmehr bedeute Erinnerung „die Pflicht, die politischen, ethischen und philosophischen Werte an junge Menschen weiterzugeben, auf deren Fundament allein Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Rasse oder Religion in friedlicher Koexistenz zusammenleben können, wo Vorurteile, Ignoranz und Hochmut keine Chancen haben – im Elternhaus, in unseren Schulen, im Freundes- und Bekanntenkreis, überall.“ Der Bezirksverband Pfalz hatte in diesem Jahr die Sprecherolle der Arbeitsgemeinschaft zur Pflege und Unterhaltung des Deportiertenfriedhofs übernommen. Neben politischen Vertretern des Bezirksverbands Pfalz und badischer Städte sowie des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden reisten 40 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 16 und 20 Jahren, darunter 16 aus der Pfalz, nach Südwestfrankreich, wo sie sich teilweise zusammen mit französischen Jugendlichen mit diesem düsteren Kapitel der Geschichte beschäftigten. Als Zeitzeuge gehörte der 86-jährige Paul Niedermann der Gruppe an, der unermüdlich seine Erlebnisse im Konzentrationslager Gurs wiedergab.

Während der Gedenkfeier forderte der deutsche Generalkonsul in Bordeaux, Hans-Werner Bussmann, jeden Einzelnen auf „seinen Beitrag gegen das tägliche Unrecht zu leisten“. Und der Präfekt des Départements Pyrénées-Atlantiques nannte als „Ziel unseres Handelns die stete Förderung, Anwendung und Weitergabe der Grundprinzipien der Demokratie“, wobei an erster Stelle der Respekt der Mitmenschen stehe. Der badische Landesrabbiner Moshe Flomenmann sagte: „Erinnerung muss zum Handeln führen“; und er ergänzte: „Erinnerung ist Voraussetzung für Versöhnung.“ Auch Schüler kamen zu Wort: „Wir können zwar die Geschehnisse nicht rückgängig machen, aber wir werden sie aus Respekt den Betroffenen gegenüber nie in Vergessenheit geraten lassen.“ Sie versprachen: „Wir wollen ein Vorbild sein für die nächsten Generationen, so wie ihr es uns vorlebt.“

„Es ist ein Geschenk, dass wir das alles erleben durften“, sagte eine der Jugendlichen im Anschluss an die Gedenkfeier. „Es war sehr bewegend, was Paul Niedermann beim Lagerbesuch erzählt hat“, „Wir konnten hier so viel mitnehmen“, „Wir haben viel über das Judentum gelernt“, so weitere Stimmen. Niedermann, der erst seit 1987, als er als Zeuge beim Barbie-Prozess aussagen musste, über seine Vergangenheit sprechen kann, erzählte, dass er als Zwölfjähriger miterleben musste, wie seine Familie auseinandergerissen wurde. Er berichtete von den katastrophalen Zuständen im Lager, von den Schlammmassen, dem Ungeziefer, den unhaltbaren hygienischen Verhältnissen, der Ruhr, dem Hunger und der Kälte, denen in den ersten Wochen und Monaten zahlreiche Deportierte zum Opfer fielen.

Neben einem Lagerrundgang besuchten die Delegation sowie die Jugendlichen auch die Synagoge in Pau, darüber hinaus stand auf dem Programm der Schüler eine Führung durch die Gedenkstätte in Izieu, die in der NS-Zeit ein Kinderheim war, sowie die Teilnahme an Workshops. Darüber hinaus stellte Roland Paul, Direktor des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde, ein neues Buchprojekt vor: Der Band „Gretl Drexler – eine Landauerin schreibt aus Mannheim, Gurs und Grenoble (1939-1942)“, der in Kürze erscheint, enthält rund 350 Briefe. Gretl Drexler wurde 1945 in Auschwitz ermordet.