Mit polizeilicher Hilfe Selbstbehauptung trainiert

Erfahrene Einsatztrainer vermitteln dem Personal der Notaufnahme Tipps

Fast 50.000 Patienten verzeichnet die Notaufnahme des Mannheimer Universitätsklinikums jährlich. Für akut erkrankte oder verletzte Menschen, die medizinische Hilfe benötigen, ist die Notaufnahme rund um die Uhr die richtige Anlaufstelle. Doch ist in den letzten Jahren ein zunehmendes Gewaltrisiko für die Mitarbeiter in der Notaufnahme zu beobachten. Gerade zu später Stunde haben es die dort tätigen Ärzte und Pflegekräfte zuweilen mit aggressivem Verhalten von Patienten und Angehörigen zu tun, denen es an Einsichtsfähigkeit und Verständnis in ihre Situation fehlt.

Den Umgang mit Beschimpfungen, Drohungen oder gar Tätlichkeiten zu trainieren, war Ziel eines Projektes, bei dem Polizei und Universitätsmedizin Mannheim (UMM) eng zusammengearbeitet haben. Erfahrene Einsatztrainer der Polizei haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Notaufnahme praktisch und theoretisch in Techniken der Deeskalation, aber auch in Notwehrmaßnahmen und Selbstverteidigung, geschult, damit diese sich in solch unerfreulichen Situationen besser behaupten können. Das Training soll den Teilnehmern zeigen, dass sie rüden Verhaltensweisen nicht schutzlos ausgeliefert sind.

Polizeioberrat Peter Albrecht, Leiter des Reviers Neckarstadt, ist von Sinn und Zweck der nicht gerade alltäglichen Schulung überzeugt: "In der Notaufnahme gab es in der Vergangenheit durchaus immer wieder problematische Situationen, die von Mitarbeitern des Klinikums und der Polizei bewältigt werden mussten. Dabei ist uns der Gedanke gekommen, den Ärzten und dem Pflegepersonal das persönliche Rüstzeug zu vermitteln, die Zeit bis zu unserem Eintreffen überbrücken zu können und so die Lage für alle Anwesenden sicherer zu machen. Unser erklärtes Ziel war es, dass sich keine Eskalationsspirale aufbaut. Dies ist uns – das zeigen die ersten Ergebnisse – wirklich gut gelungen. Die gemeinsame Zusammenarbeit in diesem Projekt hat neben dem ernsten Hintergrund allen Beteiligten auch noch viel Spaß gemacht!"

Wie halte ich einen aggressiven Menschen auf Abstand, wie kann ich deeskalierend und mithin beruhigend einwirken, wie wehre ich mich im Falle des Falles? Die entsprechenden Techniken übten Einsatztrainer des Polizeipräsidiums Mannheim mit den UMM-Beschäftigten ein. "Alkohol und Drogen, teils als so genannte Mischintoxikationen miteinander kombiniert, sind häufige Auslöser für Übergriffe gegen das Personal, medizinische Geräte und Einrichtungsgegenstände", berichtet Elisabeth Walz, stellvertretende pflegerische Leitung der Zentralen Notaufnahme.

Kommt es zu Zwischenfällen, sind diese von unterschiedlicher Qualität – dies ist selbstverständlich kein Mannheimer Phänomen, sondern dürfte alle derartigen Einrichtungen in Deutschland betreffen. Erfasst werden die Zwischenfälle in einem Übergriffsprotokoll, und je nach Schwere des Vorfalls droht eine Anzeige. Ziel ist ein reibungsloser Behandlungsablauf, Sicherheit für die Patienten, deren Angehörige und das medizinische Personal.  "Die Zentrale Notaufnahme der UMM ist für viele Menschen bei Tag und Nacht eine lebensrettende Anlaufstelle, sie darf keinesfalls als rechtsfreier Raum missbraucht werden", sagt Peter Brüstle, der pflegerische Leiter der Notaufnahme. Um so wichtiger sei es, entschieden und klar aufzutreten, um Unfrieden möglichst schon im Keim zu ersticken.

Ein großes Lob des Notaufnahme-Teams gebührt dem Revier Neckarstadt der Mannheimer Polizei und den Einsatztrainern des Polizeipräsidiums. "Zum einen war das Training ungemein hilfreich, von den praktischen Übungen bis hin zu den juristischen Ratschlägen", sagt Dr. Joachim Grüttner, Ärztlicher Leiter. Und er ergänzt: "Zum anderen sind die Beamten rasch vor Ort, wenn wir sie rufen, da wird nicht lange gefackelt." Auch der klinikumseigene Sicherheitsdienst trägt seinen Teil dazu bei, Randalierer in ihre Schranken zu weisen. Dr. Grüttner: "Wer hier als Patient oder Angehöriger wegen einer akuten Erkrankung herkommt, der hat ein Anrecht darauf, fachgerecht behandelt zu werden – und nicht Zeuge von Aggressionen zu werden."

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