Gemalte Zeitgeschichte: Mannlich-Gemälde ab sofort in Speyer

„Die Gräfin von Forbach mit Ihren Söhnen Christian und Wilhelm“ Johann Christian von Mannlich (1741-1822) signiert und datiert „Mañlich f. 1764“ (auf der Kartusche des Rahmens um das Porträt Christians IV.) Öl auf Leinwand

Das Historische Museum der Pfalz Speyer präsentiert ab 26. April 2013 in seiner wiedereröffneten Sammlungsausstellung „Neuzeit“ eine hochkarätige Dauerleihgabe und ein herausragendes Dokument der europäischen Geschichte des 18. Jahrhunderts: das Gemälde „Die Gräfin von Forbach mit ihren Söhnen Christian und Wilhelm“ aus dem Jahr 1764 von Johann Christian von Mannlich (1741-1822).

Das Gemälde, das 1763 von dem Wittelsbacher Herzog Christian IV. von Zweibrücken in Auftrag gegeben wurde, ist ein ungewöhnliches, sehr komplexes Familienportrait, das viel über den Zeitgeist seiner Entstehungsjahre verrät.

Christian IV. ehelichte 1751 heimlich Marianne Camasse (1734-1807), die er ein Jahr zuvor als Ballettschülerin im Mannheimer Theater kennengelernt hatte. Obwohl Marianne 1756 durch Ludwig XV. in den französischen Adelsstand erhoben und im gleichen Jahr von Herzog Stanislaus Lesczcynski von Lothringen zur Gräfin von Forbach ernannt wurde war sie Zeit ihres Lebens ihrem Mann nicht ebenbürtig: Der hohe Adel konnte nach dem Hausrecht der Wittelsbacher nur mit Mitgliedern regierender Häuser in vollem Umfang gültige Ehen eingehen. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass Marianne und ihre Kinder keinerlei Anspruch auf Namen, Titel, Wappen und Erbe hatten.

Diese Situation stellt die Ausgangsbasis für das Familienportrait dar, in dessen Vordergrund Gräfin Marianne von Forbach mit ihren beiden Söhnen Christian und Wilhelm sowie deren Erzieher Baron Ludwig von Stein abgebildet sind.

Die Darstellung der Gräfin weist eine auffallend große Ähnlichkeit mit einem Portrait Francois Bouchers der Marquise von Pompadour, der Mätresse des französischen Königs Ludwigs XV., auf: Herzog Christian war mit der Marquise befreundet und gab Mannlich, dem damaligen Hofmaler des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken, den Auftrag, Marianne in gleicher Haltung darzustellen. Dieser Wunsch entstand nicht nur aus ästhetischem Bewusstsein, sondern war – neben einem Kompliment an die Marquise – auch der Versuch, die eigene Verbindung durch die Analogie mit der allseits bekannten Beziehung des französischen Königs zu adeln und zu legitimieren.

Die gesellschaftlichen Zwänge machten es dem Maler darüber hinaus unmöglich, Herzog Christian gleichberechtigt neben Frau und Kindern abzubilden und führten dazu, dass der Familienvater der dargestellten Szene nur auf einem „Bild im Bild“, einem Portraitgemälde im Hintergrund, beiwohnen kann. Auf diesem ist Herzog Christian sowohl als Familien- als auch als Landesvater mit staatstragender Pose und in offizieller Robe ganz im Stil Ludwig XV. abgebildet.

Die Botschaft des Werkes ist das Bekenntnis eines Mitglieds des hohen Adels zu seiner nicht standesgemäßen Familie. Es ist zugleich ein Dokument, das wie kaum ein anderes Gemälde Zeitgeschichte, internationale Beziehungen, Rechtspositionen und ein sich wandelndes Selbstverständnis des Adels zur Zeit der Frühmoderne miteinander verbindet.

Das Gemälde war über lange Zeit im europäischen Ausland zu Hause und zuletzt über mehrere Jahrzehnte im Besitz der Rothschild-Dynastie. 2012 wurde es verkauft und als private Leihgabe an das Historische Museum der Pfalz Speyer übergeben, wo es innerhalb des Sammlungsbereichs „Neuzeit“ ab sofort präsentiert wird.

Das Historische Museum der Pfalz Speyer ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter www.museum.speyer.de.