Erinnerungskultur in Mannheim

Die Ergebnisse der Forschungsstudie „Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt. Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim“ von Christiane Fritsche gibt einen neuen starken Impuls für die Erinnerungskultur in Mannheim. Der Gemeinderat der Stadt Mannheim hat sich in seiner gestrigen Sitzung mit großer Mehrheit auf den Umgang mit den Erkenntnissen aus der umfassenden Forschungsarbeit verständigt.

So soll ein Gesamtkonzept erarbeitet werden, das den neuen Aspekten wie der Tatsache, dass Zeitzeugen bald nicht mehr zur Verfügung stehen werden, Rechnung trägt. Auch sollen klare Vorgaben macht erarbeitet werden, wie mit belasteten Persönlichkeiten der Mannheimer Stadtgeschichte umgegangen wird.

„Erinnerungsarbeit ist ein wichtiges Thema in unserer Stadt. Sie muss dazu beitragen, das Geschehen besser zu verstehen, und vor allem die Opfer nicht vergessen. Sie ist ein wichtiger Beitrag zur Identität unserer Stadt“, so Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz zu Beginn der Diskussion. Erinnerungsarbeit sei ein notwendiger Versuch, die Mechanismen zu verstehen, die zu den furchtbaren Taten während des Nationalsozialismus führten, um eine positive Zukunft zu gestalten. Die Verstrickung in die Verfolgung und das Nutzen der Vorteile sei umfassend gewesen. Die Konzentration auf einzelne Personen wie Heinrich Vetter dürfe dafür nicht den Blick verstellen.

Die Ehrenbürgerschaft für Heinrich Vetter wird nicht posthum widerrufen. Eine Ehrenbürgerschaft erlischt im Todesfall. Eine Aberkennung sei ein besonders einschneidender, symbolischer Akt, der in Relation zu anderen Biografien Geehrter und zu anderen Aberkennungen in Mannheim und in anderen Städten verhältnismäßig sein müsse, argumentierte die Verwaltungsvorlage, der sich die große Mehrheit des Gemeinderats anschloss. Dies hatten auch die mit der Studie befassten Historiker empfohlen. Die aus heutiger Sicht fragwürdige Ehrenbürgerschaft sei ein Teil der Geschichte, der hier nicht getilgt werden müsse und solle. Sie selbst sei so ein „Stolperstein“, der zum Nachdenken auch über den Umgang mit Schuld anrege. Entsprechend wird den betroffenen Institutionen vorgeschlagen, die nach Heinrich Vetter benannten Säle oder Wege mit einem Zusatzschild zu versehen, das Bezug nimmt auf die teilweise Herkunft seines Vermögens aus der Arisierung. Der Gemeinderat hat die Verwaltung aufgefordert, mit dem Ältestenrat einen entsprechenden Text abzustimmen.

Insgesamt ist das Ziel von Gemeinderat und Verwaltung ein lebendiges Erinnern an die NS-Zeit mit dem thematischen Schwerpunkt „Verdrängung und Verfolgung der Mannheimer Juden“, aber auch weiterer Aspekte wie Widerstand, Verfolgung der Sinti und Roma und weiterer Gruppen, weiter auszubauen.