
„Friedensarbeit braucht einen langen Atem“, erklärt Pfarrer Friedhelm Schneider. Und diesen Satz hat er sich nicht angelesen, sondern in seinem Arbeitsleben selbst erfahren.
Genau 30 Jahre ist der 62-jährige Theologe in der Evangelischen Kirche der Pfalz für die Friedensarbeit zuständig. Was als Arbeitsstelle Friedensdienst mit der Beratung von Kriegsdienstverweigerern und der Begleitung von Zivildienstleistenden begann, hat sich heute zu einem Arbeitsbereich entwickelt, in dem Friedensbildung und der verantwortliche Umgang mit der Schöpfung auf der Tagesordnung stehen.
Wenn Friedhelm Schneider erzählt, dann fallen Begriffe wie „Waffenlager Pfalz“, „Friedenskonzil“ oder die „Dekade zur Überwindung von Gewalt“. In seiner Tätigkeit spiegelt sich die jüngste Geschichte wider, die Konfrontation der Militär-Blöcke und der politischen Systeme, das Ringen um den zivilen Friedensdienst, der kein Ersatzdienst für den Wehrdienst ist, das Aufkommen der Umweltbewegung, die kirchlich-theologisch als Bewahrung der Schöpfung ihren Anfang nahm. Selbstzufrieden könnte Schneider in seiner Liste zu erledigender Themen überall einen „Erledigungsvermerk“ anfügen: Europäische Einheit, Bundesfreiwilligendienst, Abschaffung der Wehrpflicht, selbst Abfall wird streng getrennt. Was bleibt für den Leiter der Arbeitsstelle Frieden und Umwelt noch?
Friedhelm Schneider verkneift es sich, laut darüber zu lachen, genauso, wie er nicht polternd Parolen schreit. Er lächelt und sagt in sanftem Ton, dass Friedensarbeit Kontinuität braucht, freundliche Beharrlichkeit und man „nicht nachlassen darf an den Dingen“. Dazu gehört, dass in den Schulen die Bundeswehr sehr intensiv mit Menschen und Mitteln arbeitet, um Soldaten zu gewinnen. Schneider belässt es nicht bei Protesten, er hat die unterschiedlichsten Friedensgruppen im Netzwerk Friedensbildung in Rheinland-Pfalz und besonders das Kultusministerium dazu gebracht, dass nun auch „Friedensbildung“ in den Schulen gefördert wird. „Aktuelle friedensethische Fragen kommen in den Schulbüchern kaum vor“, sagt Schneider und ist froh darüber, dass gerade auch Minderjährige nun Informationen über ziviles Engagement erhalten und auch „Orginal-Töne“ von Friedensarbeitern hören können.
Als Berater von Kriegsdienstverweigerern ist der Seelsorger nach wie vor gefragt. Zum einen gibt es bei der Bundeswehr weiterhin Menschen, die den Kriegsdienst verweigern, zum andern ist Friedhelm Schneider auf diesem Gebiet als Experte und Berater des Europarates unterwegs, jüngst war er erst in der Türkei und Armenien. Im Ausland wie im Inland geht es dem Pfarrer darum, dass „Kirche als zivilgesellschaftlicher Akteur wahrgenommen wird“. Binnenkirchlich gehören zahlreiche Erkenntnisse und Errungenschaften mittlerweile zum kontinuierlichen Kernbestand: Ob es die jährliche Friedensdekade im November ist, der Studientag Friedensethik in der Vikarsausbildung oder Beiträge in religionspädagogischen Zeitschriften beziehungsweise bundesweiten Handreichungen und EKD- Denkschriften.
Schneiders Thema ist also längst nicht „out“. Deutschland ist weiterhin der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt, in kriegerische Konflikte verwickelt. All das koste Opfer, sagt Schneider und plädiert dafür, „dass die Bundesrepublik statt Waffen ihre positiven Erfahrungen mit dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung exportieren soll“. Und seiner Kirche ruft er in Erinnerung, dass sie sich in der Vergangenheit immer wieder in die gesellschaftliche Friedensdiskussion mit Synodenvoten, Arbeitshilfen und Aktionen eingemischt habe.
30 Jahre Friedensarbeit. Es wird keinen Festakt der Evangelischen Kirche der Pfalz dazu geben. Die Landessynode im Mai 2013 wird sogar über das Für und Wider der Fortsetzung des Arbeitsfeldes entscheiden. Friedhelm Schneider – und mit ihm sicher auch viele der Tausenden Menschen, die er in dieser Zeit beraten und begleitet hat – wird genau hinhören, wohlwissend, dass „friedensethische Themen im Zentrum kirchlicher Arbeit bleiben müssen in einer Zeit, in der sie zunehmend aus dem Blickfeld der Gesellschaft zu geraten drohen“.