
Seit November 2012 bietet das kommunale Jobcenter Neue Wege Kreis Bergstraße in Kooperation mit dem Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. eine mobile Beratungsstelle für Menschen mit Handicap an. Das rechtskreisübergreifende Angebot steht nicht nur Leistungsempfängern nach dem SGB II offen, sondern auch Personen, die Arbeitslosengeld I, Sozialhilfe oder Leistungen des Jugendamtes in Anspruch nehmen. Auch Arbeitgeber können sich mit Fragen an den Sozialpädagogen Marcus Heyer wenden.
Um über die mobile Beratungsstelle und die Möglichkeiten der Förderung von Menschen mit Behinderung zu besprechen trafen sich Marcus Heyer, der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz und der Betriebsleiter des Eigenbetriebs Neue Wege, Stefan Rechmann zum Gespräch.
Neue Wege: Für welche Menschen ist MoBiSta die richtige Anlaufstelle?
Heyer: Menschen mit Behinderung, von Behinderung bedrohte Menschen, deren Arbeitgeber oder potentielle Arbeitgeber finden bei MoBiSta einen Ansprechpartner für ihre Fragen. Die Beratung kann alle Themen, die die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit erschweren, umfassen. Kontakte zu Trägern von Hilfs- und Unterstützungsangeboten, zu Praktikumsstellen, Ausbildungsstellen und Arbeitgebern werden bei Bedarf von uns hergestellt.
Rechmann: MoBiSta war mit Start 2012 ursprünglich ein Beratungsangebot für junge ratsuchende Menschen mit Handicap zwischen 15 und 32 Jahren. Nachdem immer mehr Menschen auch gerade im Alter von über 32 Jahren bezüglich einer Beratung angefragt haben, wurde das Konzept ab Januar 2013 für alle Altersklassen geöffnet.
Neue Wege: Wie wird das Angebot angenommen?
Heyer: Wenige Wochen nach dem Start des Projekts Ende 2012 hatte sich das Angebot herumgesprochen und die Anzahl der Nachfragen nahm kontinuierlich zu. Dies zeigt, dass die Öffnung der Altersstruktur eine gute Entscheidung war. Unsere Auswertungen spiegeln wieder, dass gerade viele Menschen über 40 das Angebot nutzen. Derzeit werden insgesamt 25 Personen von uns betreut. Die Dauer der Inanspruchnahme ist unterschiedlich. Viele Menschen tauchen für Wochen ab und machen dann wieder einen neuen Termin aus.
Rechmann: Die Anzahl der Menschen, die das Angebot nutzen, kann jedoch noch gesteigert werden. Unsere Fallmanager machen in persönlichen Gesprächen auf das Angebot aufmerksam. Zudem informieren Flyer, die in den Jobcentern und öffentlichen Einrichtungen ausliegen, über die Maßnahme. Seit August werden zusätzlich zur Beratung vor Ort bei den Interessierten auch Sprechzeiten in allen vier Jobcentern angeboten. So können betroffene Personen beim Besuch im Jobcenter überlegen, ob Sie das Angebot nutzen möchten. Oft ist die Hemmschwelle jemanden anzurufen größer als spontan eine Beratung wahrzunehmen.
Neue Wege: Wie kann eine Kontaktaufnahme erfolgen?
Heyer: Beratungskunden können sich telefonisch oder per E-Mail für eine Beratung anmelden. Oder sie kommen direkt im Jobcenter vorbei. Auch kurzfristige Termine sind kein Problem.
Rechmann: Das Besondere ist, dass der Zugang zum Angebot einfach ist. Die Beratung kann in einem der Jobcenter in Mörlenbach, Viernheim, Heppenheim oder Bürstadt, im Hauptsitz des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft e.V. in Bensheim oder an einem anderen vereinbarten Ort erfolgen. Die Teilnahme ist freiwillige und unverbindlich – eine Zuweisung durch die Fallmanager des Jobcenters erfolgt nicht. Der Teilnehmer ist zu nichts verpflichtet und kann die Beratung jederzeit abbrechen.
Neue Wege: Wie läuft die Beratung ab?
Heyer: Im persönlichen Gespräch werden die Leistungs- und Belastungsfähigkeit sowie die schulischen und beruflichen Kompetenzen ermittelt. Eine berufliche Orientierung sowie die Erarbeitung beruflicher Wünsche und Vorstellungen erfolgt ebenfalls. Die Unterstützung orientiert sich am Bedarf des Einzelnen und reicht über Information und Beratung bis hin zur Organisation und Begleitung längerfristiger Hilfeprozesse auf dem Weg in ein Arbeitsverhältnis. Die Beratung kann alle Themen umfassen, die die Vermittelbarkeit in Ausbildung oder Arbeit erschweren.
Metz: Die Beratungsstelle ist ebenfalls Anlaufstelle für Arbeitgeber. Sie können sich über die Möglichkeiten der Inklusion von Menschen mit Behinderung und über entsprechende Förderinstrumente informieren. Im Falle bereits bestehender Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisse werden sowohl Arbeitgeber wie auch der Arbeitnehmer mit Behinderung beraten, um im Falle von Konflikten den etwaigen Arbeitsplatzverlust zu vermeiden. Hier wird der Kontakt zum zuständigen Integrationsfachdienst Bergstraße hergestellt. Ob Analyse der aktuellen Situation am Arbeitsplatz, Entwicklung von Problemlösungsszenarien, stabilisierende Beratung in Konfliktsituationen, Klärung von Fördermöglichkeiten und Finanzierungshilfen – Arbeitgeber können sich jederzeit mit ihren Fragen an die Mitarbeiter von MoBiSta wenden.
Neue Wege: Warum ist die mobile Beratungsstelle ein benötigtes Instrument?
Heyer: Viele Betroffene wissen nicht, an wen sie sich wenden können, wenn sie beispielsweise eine noch nicht bescheinigte Behinderung haben oder welche Fördermöglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen. Auch Angehörige haben oftmals Fragen, die wir gerne beantworten. Wir verstehen uns als Erstanlaufstelle für Menschen mit Behinderung und Mitbetroffene, die nicht auf das Thema Beschäftigung fixiert ist. Wir sehen uns nicht als Vermittler in Arbeit sondern als Weichensteller, damit Menschen mit unterschiedlichen Problemlagen an die richtigen Hilfsangebote verwiesen werden.
Metz: Wir arbeiten stetig daran, die Angebote für behinderte Menschen weiter auszubauen. Die Präsenz vor Ort in den Jobcentern gibt noch mehr Menschen die Möglichkeit, die Beratung unkompliziert zu nutzen. Gleichzeitig wollen wir das Angebot auch darüber hinaus bekannter machen. Insbesondere muss wahrnehmbar sein, dass es auch für andere ratssuchende Leistungsempfänger die Arbeitslosengeld I, Sozialhilfe oder Leistungen des Jugendamtes in Anspruch nehmen, offen ist.
Die mobile Beratung ist telefonisch unter 0176/19580827 oder per E-Mail (Heyer.Marcus@bwhw.de) erreichbar. Die Maßnahme wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Hessen finanziert.
Foto: (v.l.n.r.) Der Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernent Thomas Metz, der Leiter des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft e.V. Bensheim Günther Bickel, die Koordinatorin Region Südhessen des BdHW Kerstin Molter, Neue Wege Betriebsleiter Stefan Rechmann, die Leiterin der Förderinstrumente von Neue Wege Gundra Simon und MoBiSta-Mitarbeiter Marcus Heyer.