Stadtverwaltung: „Blockadepolitik der Kassenärztlichen Vereinigungen“

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Vorerst wird es keinen Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) in Viernheim geben. Denn nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV) funktioniert der Ärztliche Bereitschaftsdienst seit dessen Reorganisation – das heißt nach Schließung des ÄBD-Standortes Viernheim – einwandfrei.

In einem entsprechenden Schreiben an den Verband Region Rhein-Neckar heißt es unter anderem:

„Veränderungsbedarf besteht nicht, so dass wir auch in Abstimmung mit der KV Baden-Württemberg vorerst keine Anpassungen vornehmen werden.“

Seit der Neuorganisation, seit der Versorgung der Viernheimer Bevölkerung durch den Bereitschaftsdienst Weinheim, seien keine Versorgungsengpässe oder ähnliches aufgetreten.

Auch die KV Baden-Württemberg argumentiert in die gleiche Richtung. Die Patienten seien frei, sich für eine der in der Region vorhandenen Notdienstzentralen zu entscheiden. Es bedürfe keiner schriftlich formulierten Form der Zusammenarbeit zwischen der KV Baden-Württemberg und der KV Hessen.

Mit diesen Viernheimer Interessen ignorierenden Standpunkten der beiden Kassenärztlichen Vereinigungen befassten sich kürzlich nochmals alle Viernheimer Beteiligten zur Erhaltung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Viernheim: Bürgermeister Matthias Baaß, Gerd Kath (Krankenhaus-Geschäftsführer), Dr. Christoph Neuberger (Ärztlicher Direktor des St. Josef-Krankenhauses), Dr. Arne Vetter (Obmann der bisherigen Viernheimer Notdienstzentrale), Harald Bitzel („Wohnen 60 plus“) und Simon Büchler (Junge Union). Der Vertreter der Jungsozialisten fehlte entschuldigt. 

Dabei kam man zu folgendem Ergebnis, folgenden Erkenntnissen: 

  • Beim ÄBD handelt es sich um eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Ärzteschaft. Auf Ebene der Politik gibt es leider wenig bis kein Bestreben, in das Selbstverwaltungsrecht einzugreifen.
  • Solange es keine Notdienstzentrale in Viernheim gibt, ist es gegenüber den Ärzten in Viernheim, die den Notdienst finanzieren, nicht vermittelbar, sich an einem Notdienst in Baden-Württemberg zu beteiligen.
  • Wenn es Fälle gibt, bei denen das neue Ärztliche Bereitschaftsdienstmodell nicht funktioniert hat, sollten diese den Viernheimer Akteuren konkret benannt werden
  • In einem Schreiben an den Hessischen Sozialminister wird dieser nochmals aktuell informiert und um weitere Unterstützung gebeten, auch anhand der weiter eingegangenen Unterschriftenkarten.
  • Sobald sich neue Erkenntnisse ergeben, wollen die Viernheimer Beteiligten das Thema erneut aufgreifen.

Bürgermeister Matthias Baaß dankte allen Aktiven, die sehr viel Zeit aufgewendet haben, um mit einer breiten Unterschriftenaktion die KV zu einer Haltungsänderung zu bewegen.

Zur Information/Vorgeschichte:

Beim erst nach sehr langer Zeit erreichten Gesprächstermin mit der KV Hessen, ist diese im März 2014 keinen Zentimeter von ihrer Haltung zu einer Schließung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Viernheim abgerückt. Eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg wurde abgelehnt. Bürgermeister Matthias Baaß machte deutlich, dass er dies nicht hinnehmen werde, es für die Metropolregion Rhein-Neckar einen Staatsvertrag gäbe, der zur Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg zwinge. Er werde dafür sorgen, dass es einen Gesprächstermin auf dieser Ebene gibt.

Zu diesem Gespräch Ende Juli 2014 hatte die Region Rhein-Neckar eingeladen. Beim Gespräch waren Vertreter der KV Baden-Württemberg, der KV Hessen, der Bereitschaftsdienst-Zentrale Weinheim und Viernheimer Vertreter aus Ärzteschaft und Krankenhaus anwesend. Die Vertreter der KV Hessen erklärten dann bei diesem Gespräch ihre Bereitschaft zu einer länderübergreifenden Zusammenarbeit. Dies unterstützte auch der Obmann der Weinheimer Notdienstzentrale,  gerne werde mit Viernheimer Ärzten zusammengearbeitet. Eine Wiederinbetriebnahme der Notdienstzentrale in Viernheim – quasi als Außenstelle von Weinheim – lehnte er aber gänzlich ab.

Der Verband Region Rhein-Neckar begrüßte die somit nunmehr formulierte Bereitschaft zur länderübergreifenden Zusammenarbeit.

Im Gegensatz zu den mündlichen Aussagen bei diesem Besprechungstermin zog die KV Baden-Württemberg dann aber nicht mehr die nötigen Schlussfolgerungen.  Es bedürfe keiner schriftlich formulierten Form der Zusammenarbeit zwischen der KV Baden-Württemberg und KV Hessen, sondern die Patienten seien frei, sich für eine der in der Region vorhandenen Notdienstzentralen zu entscheiden. Die KV betrachtete das Anliegen als erledigt, insofern waren die Gesprächsergebnisse wiederum völlig in Frage gestellt. 

Der Verband hakte nochmals nach und erhielt dann ein Antwortschreiben der KV Hessen mit Datum vom 17. Oktober 2014  mit negativem Inhalt.

Bürgermeister Matthias Baaß: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben hier ein eigenartiges Schauspiel abgeliefert. Das am Freitag gegebene Wort galt montags schon nichts mehr.“

Was bleibt den Viernheimer Bürgern nun?

Wenn außerhalb der Praxiszeit eines Hausarztes ein Rezept oder ärztlichen Rat benötigt wird, stehen die Ärztlichen Bereitschaftsdienstzentralen in Heppenheim, Weinheim oder Mannheim zur Verfügung.
Wer krankheitsbedingt wenig mobil ist, kann bei der Telefonzentrale des ÄBD um einen Hausbesuch bitten. Wenn ich mich schwer krank fühle, rufe ich den Rettungsdienst, der mich zum nächstgelegenen Krankenhaus fährt, für Viernheimer in der Regel das St.-Josef-Krankenhaus, oder lasse mich von Verwandten oder Bekannten direkt ins St. Josef-Krankenhaus bringen.

Das St.-Josef-Krankenhaus steht Tag und Nacht zur Versorgung von Notfällen zur Verfügung.