Namengebung für Haustiere zunehmend individueller

Tiere als Familienmitglieder

Mainz – Haustiere wie Hunde, Katzen oder auch Kaninchen bekommen heute mehr denn je einen menschlichen Namen und werden auch zunehmend als Mitglied der Familie gesehen.

Sie werden in Todesanzeigen in einem Zug mit den Familienmitgliedern als Trauernde erwähnt oder etwa beim Tierarzt unter dem Familiennamen des Halters geführt. Die Benennung von Haustieren, so haben Sprachwissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) festgestellt, hat sich in den letzten 100 Jahren grundlegend geändert. Die Namen sind heute individueller, oft sind es Menschen- und gerne auch aktuelle Kindernamen, die dem Haustier gegeben werden. „Damit geht eine Ansippung des Tiers an die Familie einher“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Damaris Nübling vom Deutschen Institut der JGU. Die Sprachwissenschaftlerin hat zusammen mit Antje Dammel und Mirjam Schmuck das erste Werk zu Tiernamen veröffentlicht, ein wissenschaftlich bislang kaum erforschtes Gebiet.

Lilly oder Lilli, Luna und Paul sind die beliebtesten Namen für Kaninchen. Dies ergab eine Untersuchung auf Basis von 977 Kaninchennamen im Jahr 2012, die in dem neuen Buch veröffentlicht ist. Allerdings kommen auch die häufigsten Namen nur 10 bis 14 Mal vor.

„Wir stellen bei den Kaninchen wie auch schon bei Hunden und Katzen ein starkes Bedürfnis der Besitzer nach Individualisierung fest, was sich an der großen Anzahl unterschiedlicher Namen zeigt“, erklärt Damaris Nübling. „Außerdem fällt auf, dass recht oft heutige Kindernamen verwendet werden.“

Von 977 Kaninchen haben 648 einen unterschiedlichen Namen, sodass sich im Durchschnitt nur 1,5 Kaninchen den gleichen Namen teilen – ein Wert, wie er auch bei Hunden und Katzen zu finden ist. Deutlich mehr Namen als bei Hunden oder Katzen beziehen sich auf das Fell des Kaninchens: Namen wie Flocke, Fluse oder Teddy betonen den Status als eher kindliches Streicheltier.

Historisch ist über die Benennung von Tieren recht wenig bekannt, aber die wenigen Quellen zeigen, dass ein grundlegender Wandel vollzogen wurde. In einer badischen Kleinstadt mit 185 Einwohnern wurden um das Jahr 1900 insgesamt 143 Katzen gezählt, von denen nur 6 einen wirklichen Namen hatten. Katzen wurden damals kaum benannt und wenn doch, dann oft, indem sie die Namen gestorbener Katzen erbten. Auch bei Hunden war die namentliche Individualisierung gering.

Während es heute kaum noch unbenannte Hunde oder Katzen geben dürfte, zeigen die namenkundlichen Untersuchungen auch, dass und wie sich die Stellung der Heimtiere gewandelt hat. Fast 60 Prozent der Hunde und der Katzen tragen einen Personen-, oft einen Kindernamen und rücken damit näher an den Menschen heran.

Nicht selten nehmen Katzen und insbesondere Hunde eine Partner- oder zumindest eine Familienposition ein, weshalb auch das Geschlecht deutlich am Namen erkennbar ist. Typische Hundenamen wie Bello, Rex oder Hasso haben ausgedient.

„Der Hund wird nicht mehr als Hund, sondern zunehmend als Mensch benannt und wohl auch so wahrgenommen“, so die Mainzer Sprachforscherin.