Mainz: Gericht würdigt die Anstrengungen der Stadt Mainz – Ob es zu Fahrverboten kommen muss, bleibt noch offen

MAINZ – Oberbürgermeister Michael Ebling und Bürgermeister Günter Beck, der Katrin Eder (Dezernentin für Umwelt, Grün, Energie und Verkehr) im Mutterschutz vertritt, nehmen Stellung zur heutigen Entscheidung des Mainzer Verwaltungsgerichts zu einem möglichen Dieselfahrverbot in der Landeshauptstadt Mainz.

Das Verwaltungsgericht Mainz hatte heute entschieden, dass die Landeshauptstadt Mainz verpflichtet ist, den Luftreinhalteplan zum 1. April 2019 fortzuschreiben. Dies unter der Maßgabe, dass erforderliche Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet enthalten sind.

Sollte, so das Verwaltungsgericht, mit den von der Stadt angekündigten Sofortmaßnahmen (Umrüstung der ÖPNV-Busflotte mit SCR-Filtern, Ersatzbeschaffung von modernen Euro-VI-Dieselbussen, Anschaffung von alternativ betriebenen Bussen) und möglichen weiteren, ebenso wirksamen Sofortmaßnahmen sowie mit Verhaltensänderungen der Verkehrsteilnehmer eine Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid im Mittel der ersten sechs Monate des Jahres 2019 nicht erreicht werden können, so müsse Mainz spätestens ab dem 1. September 2019 weitere Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des NO2-Grenzwerts umsetzen.

Einzubeziehen seien dabei in diesem Falle „unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge“, so das Gericht. Die Landeshauptstadt Mainz müsse daher in ihrem neuen Luftreinhalteplan zusätzlich ein „Konzept für Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge“ aufnehmen.

Eine Berufung zu diesem Urteil ist zugelassen.

„Was uns alle heute eint, ist die Tatsache, dass uns die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger äußerst wichtig ist. Wir setzen uns deshalb weiterhin mit all unserer Kraft dafür ein, nachhaltig für gute Luft zu sorgen und den Stickoxidausstoß weiter zu senken“, betont der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling.

„Die Landeshauptstadt Mainz hat in den vergangenen Jahren massive Anstrengungen unternommen, um die Verkehrswende voranzutreiben und die Luftqualität in Mainz zu verbessern. Die bisher umgesetzten Maßnahmen führten nachweislich zu einer Reduzierung von Luftschadstoffen insgesamt, gerade auch bei den aktuell im Fokus stehenden Stickoxiden. Seit 2010 ist der Stickoxidwert um 25 % gesunken und wird in den nächsten Jahren weiter sinken, so dass wir bereits im kommenden Jahr die Grenzwerte einhalten können. Es ist daher positiv, dass das Gericht die umfangreichen Anstrengungen der Stadt Mainz für die Luftreinhaltung würdigt.

Es bleibt heute aber auch festzuhalten, dass das Gericht kein Fahrverbot ausgesprochen hat, sondern uns einen Gestaltungsspielraum eröffnet, um Fahrverbote zu verhindern. Insbesondere ein flächendeckendes Fahrverbot in Mainz ist mit dem heutigen Urteil in weite Ferne gerückt und wir werden weiterhin alles dafür tun, dass es nicht zu Fahrverboten kommen muss.

OB Ebling mit Blick auf die Bundesebene: „Die Möglichkeiten der kommunalen Einflussnahme sind jedoch begrenzt. Letztlich zahlen die Stadt Mainz und ihre Bürgerinnen und Bürger am Ende die Zeche dafür, dass sich die Bundesregierung und die Automobilindustrie aus der Verantwortung ziehen. Schuld an den möglichen Fahrverboten tragen allein der Bund und die Automobilindustrie, die zunächst Schummeleien bei den Abgaswerten zugelassen haben und bisher auf flächendeckende verpflichtende Hardwarenachrüstungen auf Kosten der Hersteller verzichtet haben. Genau diese Nachrüstungen würden aber dazu beitragen, dass die Luftschadstoffe noch schneller reduziert werden könnten. Würde man die Automobilindustrie verpflichten, die Euro 4 und Euro 5 Diesel-PKW und Diesel-Nutzfahrzeuge nachzurüsten, dann lägen die Stickoxidbelastungen in Mainz bereits heute um weitere 3-4 Mikrogramm niedriger“, ärgert sich Oberbürgermeister Michael Ebling und fordert erneut die Bundesregierung zum konsequenten Handeln auf: „Wir brauchen jetzt flächendeckende verpflichtende Hardwarenachrüstungen auf Kosten der Automobilindustrie, denn diese sind das schnellste und wirksamste Mittel für saubere Luft!“

Bürgermeister Günter Beck erläutert, was die Landeshauptstadt Mainz in den vergangen Jahren alles zur Verbesserung der Luftqualität unternommen hat: „Wir haben in Mainz unsere Hausaufgaben gemacht und in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen und große Anstrengungen unternommen, um die Luftreinhaltung in Mainz in den kommunal beeinflussbaren Bereichen weiter zu verbessern. Wir haben zum Beispiel die Umweltzone eingeführt, das Straßenbahnnetz um weitere 9 Kilometer erweitert und damit 30 Prozent des ÖPNV elektrifiziert, das Fahrradvermietsystem MVGmeinRad eingeführt, Ladesäulen für Elektrofahrzeuge aufgestellt und den Radverkehr ausgebaut. Manche Entscheidung war dabei auch politisch nicht ganz unumstritten. Es ist uns auf diese Weise gelungen, die Stickoxidbelastungen in der Parcusstraße von 61 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahr 2010 auf 48 Mikrogramm im Jahr 2017 und voraussichtlich 46 Mikrogramm im Jahr 2018 spürbar zu senken.

Im Juli dieses Jahres haben wir im Rahmen des „Green City Plan Mainz – Masterplan M³“ weitere Sofortmaßnahmen und Maßnahmenbündel zur Reduzierung der Stickoxid-Luftbelastung und Vermeidung von Fahrverboten beschlossen. M³ steht für vernetzte, intelligente und innovative Mobilität für Mainz. Dabei handelt es sich um einen strukturierten Plan mit Maßnahmen, die geeignet sind, die verkehrsbedingten Stickoxidemissionen in der Innenstadt weiter zu reduzieren. Wir haben im Rahmen des Masterplans rund 70 konkrete Projekte im Umfang von rund 83 Millionen Euro geplant und hierfür Förderanträge bei Bund und Land in Höhe von rund 43 Millionen Euro gestellt.

Dem Gericht haben wir heute eine Liste mit 28 ausgewählten Maßnahmen des Green City Masterplans vorgelegt, die sich bereits in der Umsetzung befinden beziehungsweise kurzfristig umgesetzt werden und zu einer weiteren deutlichen Reduzierung der Stickoxide führen. Ein Dieselfahrverbot ist demnach aus unserer Sicht überflüssig“, erklärt Bürgermeister Günter Beck.

Die Maßnahmen mit der kurzfristig größten Wirkung sind dabei Filter-Nachrüstungen bei knapp 100 älteren Dieselbussen der ÖPNV-Flotte der Mainzer Mobilität (Reduktion des Stickoxidausstoßes um 90 %), die vorgezogene Neubeschaffung von 23 neuen Dieselbussen der Euro 6 Norm, sowie die Beschaffung von 4 Brennstoffzellenbussen und 4 batterieelektrischen Bussen. Weitere Maßnahmen sind die Digitalisierung und Optimierung der Verkehrssteuerung (Ampeln und Parkleitsystem), der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, Erweiterung der Park&Ride-Möglichkeiten, Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und die Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks.

Ergänzende Informationen:

In der Landeshauptstadt Mainz waren zum 30. Juni 2018 insgesamt 104.208 Fahrzeuge (PKW, LKW und Busse) gemeldet, davon sind 38.094 Dieselfahrzeuge, was einem Anteil von 36,6 % entspricht. 12.139 Dieselfahrzeuge fallen in die Abgasnormen Euro 1-4, 13.069 Fahrzeuge in die Euro-Norm 5 und 12.859 Fahrzeuge in die Euro-Norm 6. Schätzungsweise 5.000 Dieselfahrzeuge von Innenstadtpendlern fallen in die Abgasnormen Euro 1-5.