Eisenberg – Von diesem Abend wird man in Eisenberg noch lange reden. Freie Liebe, LSD, Blumenschmuck, der Vietnam-Krieg und der unendliche Wille zum Frieden und Schluß mit dem sinnlosen Töten – all diese Themen standen am vergangenen Samstag (19.05.2018) im Mittelpunkt des Musicals HAIR auf der Eisenberger Bühne. Bereits vor dem Beginn des Musicals wurde es „hippig“ im Saal. Einige Künstler standen auf der Bühne und amüsierten sich, stiegen über die Stühle oder ließen es Konfetti regnen. Ein ungewohntes Bild für das Eisenberger Publikum. Und so ungewöhnlich das auch erschien, das waren nur die Vorboten einer tollen Show, die dann das Publikum erleben konnte.

Foto: Helmut Dell
Foto: Helmut Dell

HAIR, eines der wohl bekanntesten und umstrittensten Musicals, wurde von Frank Serr Showservice International Broadway Musical Company New York hier präsentiert. Schon beim ersten Song „Aquarius“ sprang der Funke über und die Besucher erlebten ein ebenso begeistertes Ensemble, bei dem jeder einzelne seine Rolle authentisch spielte. Doch um was geht es im Musical Hair, das von vielen Zeitzeugen als Spiegel der 1968er Bewegung gilt? Claude Hopper Bukowski, der aus patriotisch-bürgerlichen Verhältnissen kommt, trifft auf auf einige Hippies um George Berger. Die Gruppe lebte in den Tag hinein, machten sich ihre eigene Scheinwelt und der Gebrauch von Drogen und freier Sex entzürnte damals die Gesellschaft. Claude, der eigentlich zu seiner Einberufung nach New York reiste, ist hin und her gerissen und versucht sich zwischen den patriotischen Impulsen seiner bürgerlichen Herkunft zu orientieren. Im Kreise seiner neuen Freunde erlebt er pazifistische Ideale, die ihn in einen inneren Konflikt bringen. Während seine neuen Freunde des Einberufungsbescheid verbrannten und den Kriegsdienst verweigerten, steht er vor der Entscheidung, ihnen zu folgen und somit eine soziale Ächtung sowie eine Gefängnisstrafe in Kauf nehmen oder eben in den Krieg nach Vietnam zu ziehen.

Foto: Helmut Dell
Foto: Helmut Dell

Sehr beeindruckend verstanden es die Künstler auf der Bühne, die jeweilige Stimmung wieder zu spiegeln. Hierbei kommt dem Ensemble wahrscheinlich zu Gute, dass viele der Darsteller bereits internationale Musical Erfahrung haben und es verstanden beim Tanz die Körpersprache einzusetzen, aber auch mit ihren tollen Gesangsstimmen, ihre Rolle zu perfektionieren. Den ganzen Abend über war Leben auf der Bühne. Mal hektisch wild, träumerisch, besinnlich, aber auch der ganz tiefe Ausdruck von Trauer, beeindruckte das Publikum.

Das Bühnenbild war an diesem Abend schlicht – aber dennoch interessant. Der Mittelpunkt war vier Säulen in Form einer Pyramide, dazwischen eine kleine Bühne. Den Rest besorgten die Macher am Mischpult, die sehr gekonnt die Bühne in unterschiedliche Atmosphären eintauchten. Die musikalische Begleitung kam an dem Abend nicht vom Band. Fast unscheinbar waren vier Musiker im Hintergrund, die eine tolle musikalische Topleistung an den Tag legten.

Foto: Helmut Dell
Foto: Helmut Dell

Wenn man an das Musical HAIR denkt, so fallen einem viele Titel ein, die längst zu Evergreens wurden: „I got Life“, „Ain’t got no“, „Easy to be hard“, oder „Where do I go“. Auf der Eisenberger Bühne lösten die Titel teilweise Begeisterungsstürme aus.

Auf der Bühne wechselten sich die Solisten mit den anderen Akteuren im Chor ab.

Vor der Abreise von Claude begeben sich die Hippies auf einen letzten Rauschgifttrip, um die Wirklichkeit erträglicher zu machen. Auf der Bühne erscheinen die Darsteller in unwirklichem bunten Figuren, die neonfarben im Dunkel strahlten. Danach sieht man Claude als Soldat im Kampf und in schmucken Uniform, Danach wurde es traurig. Claude stirbt in Vietnam und sein Leichnam wird aufgebahrt.

Seine Hippie-Freunde erweisen ihm in einer sehr ergreifenden Szene die letzte Ehre und nahmen Abschied. „Let the Sunshine in“, einer der Haupttitel des Musicals, wurde von Solisten und Chor dazugesungen. Gänsehautfeeling pur!

Foto: Helmut Dell
Foto: Helmut Dell

So verrückt das Musical HAIR auch sein mag, so zeitnah wie heute ist es noch immer. Die Sinnlosigkeit von Kriegen, die hier in diesem Musical vor 50 Jahren zum Thema gemacht wurde, ist leider immer noch aktueller denn je.

Mit dem Musical HAIR und dieser Inszenierung, haben die Verantwortlichen des Eisenberger Kulturprogrammes den Nagel auf den Kopf getroffen. Lustig, besinnlich, anspruchsvoll, hochklassig dem Zeitgeist von heute gerecht. Das war das Finale der aktuellen Spielsaison in Eisenberg.

Den Zuschauern hat es gefallen.