Frankfurt: Eine fremde, verschlossene Welt – „Bad Banks“-Produzentin Lisa Blumenberg nimmt die Zuschauer mit auf einen rasanten Trip

Frankfurt am Main – Herausragende Kritiken und Anfragen aus der ganzen Welt: Die Serie „Bad Banks“ geht durch die Decke. Cool, atemlos und hochspannend zeigt der Sechsteiler die Welt der Menschen, die in den gläsernen Bankentürmen mit schwindelerregenden Summen handeln – und die nächste Finanzkrise heraufbeschwören. Das Amt für Kommunikation und Stadtmarketing hat mit Lisa Blumenberg, Initiatorin von „Bad Banks“ und Produzentin der Studio Hamburg-Tochter Letterbox, über die Entwicklung des Plots, die Dreharbeiten, über die Welt der Banker und über Frankfurt gesprochen.

Sehen Sie sich Ihre eigenen Produktionen im Fernsehen an?

Ich habe noch nie eine Party veranstaltet, um gemeinsam mit Freunden einen unserer Filme anzuschauen. Aber: Die Premiere von „Bad Banks“ bei der Berlinale im Zoopalast habe ich sehr genossen. Das gesamte Ensemble war dabei. Wir haben quasi Hand in Hand in diesem legendären Kino gesessen und die erste Folge zusammen angesehen – das war ein großes Erlebnis.

Das klingt nach einer großen Filmfamilie – wie war die Atmosphäre am Set?

Es war ein besonderer Spirit, den ich selten so erlebt habe. Und der mit jedem einzelnen zu tun hatte. Das Ensemble und das Team konnte nicht genug voneinander bekommen. Die Drehtage waren lang und trotzdem wollten alle am Abend noch zusammensitzen.

Wie lange haben Sie gedreht?

Von November 2016 bis März 2017. Wir hatten 63 Drehtage für sechs Folgen, die wir hauptsächlich in Frankfurt, Luxemburg und Berlin verbracht haben, aber auch in London, Leipzig, Paris, Brüssel und Bahrain. Das war ein straffes Programm.

Wie kamen Sie auf die Idee zu Bad Banks?

Die Idee formierte sich während der Finanzkrise 2008. Die Lehman-Pleite hat gezeigt, wie extrem dünn das Eis ist, auf dem die reiche westliche Welt sich bewegt. Das System von Banken, Geld und Investitionen ist existenziell für das Funktionieren unserer Welt, die Menschen vertrauen darauf. Und gleichzeitig ist es instabil und unberechenbar. Gerät das Dominospiel einmal ins Laufen, weiß niemand, wohin der nächste Stein fallen wird. Ich wollte aus Deutschland, aus Frankfurt heraus erzählen, wie dieses System funktioniert, das gleichzeitig auf der ganzen Welt gilt und damit globale Relevanz hat.

Welche Länder wollen „Bad Banks“ noch zeigen?

Wir haben die Serie in mehr als 30 Länder verkauft. Unter anderem nach Australien, Neuseeland, Großbritannien. Weitere Deals unter anderem auch mit den USA stehen kurz vor dem Abschluss. Dieses Interesse ist ein großes Lob für unsere Produktion. Die ich natürlich nicht allein gestemmt habe. Ein Projekt dieser Größenordnung setzt man mit einem gut eingespielten Team um, dazu gehören Günther Russ und Christian Friedrichs, die mit mir die Finanzierung geschlossen haben und Junior-Producerin Lisa Arndt. Außerdem hatten wir mit HessenFilm und Medien einen starken Förderer in der Region an unserer Seite.

„Und welche Serie guckst du?“ ist inzwischen beinahe eine Standardfrage. Warum sind Serien derart angesagt?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen haben die Zuschauer offenbar das Bedürfnis, eine Figur intensiver kennenzulernen und zu begleiten. In Serien kann man die Komplexität der Charaktere mit all ihren Eigenheiten, Widersprüchen, mit Graubereichen, Schattenseiten und schillernden Facetten in einer anderen Qualität zeigen als in einem 90-minütigen Film. Zum anderen fordern neue Technik und Verbreitungswege immer neuen Content. Niemand kann alle Serien ansehen. Und trotzdem ist der Bedarf der Sender und Plattformen noch lange nicht gedeckt.

Wie funktionieren Serien heute?

Die Grundidee ist doch immer, den Zuschauern eine neue Welt zu eröffnen. Und wenn es das All ist – als Kind war ich total fasziniert von Raumschiff Enterprise. Auch „Bad Banks“ zeigt eine fremde, verschlossene Welt. Mit unserer Serie wollen wir aus der Binnenperspektive von ihr erzählen und versuchen, sie zu verstehen. Ohne Vorurteile, dafür mit großer Neugierde.

Wie viel Recherchearbeit war dafür nötig?

Für einen Stoff wie „Bad Banks“ kann man sich keine einzige Zeile ausdenken. Das war für Headautor Oliver Kienle und sein Autorenteam harte Arbeit. Wir erzählen, wie eine neue Finanzkrise entstehen kann – dazu muss man zuallererst eine detaillierte Grundlagenrecherche betreiben. Alles muss Hand und Fuß haben. Sonst lachen sich die Banker tot, wenn sie unsere Serie ansehen. Es gab von Anfang an vier Fachberater, die als Investmentbanker gearbeitet hatten, unter ihnen eine Brokerin aus New York für die weibliche Perspektive. Wir wollten wissen und verstehen, welche Prinzipien hinter den Geschäftsmodellen der Banken stecken, wozu es welches Produkt gibt und warum es erfunden wurde. In einem zweiten Schritt war es uns wichtig zu erfahren: Wie fühlt sich die Welt der Banker an? Wie schmeckt sie, riecht sie, sieht sie aus? Dazu haben wir und vor allem Regisseur Christian Schochow Dutzende von Hintergrundgesprächen geführt.

Und?

Ihre Welt ist fiebrig, schillernd, adrenalingeladen. Sie ist faszinierend, eine Elitenwelt: Banker sind gebildet, schnell und international. Sie sind leidenschaftlich und stehen im ständigen Wettbewerb. Ihnen geht es nicht mehr ums Geld, ihnen geht es um Anerkennung. Das alles haben Banker gemeinsam. Und dennoch sind sie grundverschieden. Das wollen wir mit den Figuren aus „Bad Banks“ zeigen.

Was sagen die Menschen aus der Bankenwelt zu Ihrer Serie?

Sie kommt sehr gut an. Manche erzählen, sie hätten die Folgen geradezu verschlungen. Andere halten die Handlung für etwas überspitzt. Allerdings: Wenn man die Entwicklung einer Finanzkrise in sechs Folgen à 50 Minuten zeigen will, ist diese Überspitzung der erzählerischen Verdichtung geschuldet.

Das ZDF hat bereits eine zweite Staffel „Bad Banks“ angekündigt – wann geht es los?

Wir sind mitten in der Entwicklung. Das Konzept haben wir schon während der ersten Staffel erarbeitet. Im Winter 2019 wollen wir mit den Dreharbeiten beginnen.

Frankfurt gilt vielen als kalte Finanzmetropole – wie haben Sie die Stadt erlebt?

Komplett anders. Ich kenne Frankfurt seit Ende der 80er Jahre, als ich Studentin in Mainz war. Frankfurt war für mich die sexy Alternative zum gemütlichen Mainz, das TAT mein Wohnzimmer. Seitdem hat sich die Stadt sehr verändert. Bankentürme, Rotlicht, Altstadt – diese Mischung verschiedener Welten finde ich hochattraktiv. Der Blick vom Sachsenhäuser Ufer, vom Filmmuseum hinüber zur Skyline – für mich ist er der schönste der Stadt. Frankfurt ist auch unserer verantwortlichen Redakteurin beim ZDF, Caroline von Senden, bestens vertraut. Sie lebt dort und hat sich immer wahnsinnig gefreut ans Set zu kommen.

Die Fragen stellte Anja Prechel.