Bad Dürkheimer Symposium: „Kosmopolitismus in einer globalisierten Welt. Philosophische und rechtliche Herausforderungen“

Bad Dürkheim – Der klassische Kosmopolitismus war ein mehr oder weniger ernst gemeintes und verstärkt seit dem Aufklärungszeitalter im 18. Jahrhundert um sich greifendes Bekenntnis, sich als Bürger der ganzen Welt und nicht nur einer einzigen Nation zu fühlen. Als Kontrastfolie setzte dies die seit dem 17. Jahrhundert nach dem 30-jährigen Krieg entstehende Idee des Nationalstaates voraus.

Dieses Bekenntnis zum Kosmopolitismus war aber auch kaum denkbar ohne ein (wenn auch zunächst rudimentäres) Wissen über die Welt, wie es sich durch weltweite kirchliche Mission, durch Entdeckungsreisen, durch die Anfänge von Welthandel und insbesondere durch die Kolonisierung des größten Teils der Erde angesammelt hatte. Schon dieser klassische Kosmopolitismus hatte viele Facetten. Der Weltbürger reklamierte eine gewisse Freiheit von den Zumutungen seines Nationalstaats für sich, bekannte aber nicht selten auch ein Gefühl der Verantwortung für die Welt insgesamt, der gegenüber er sich ja immerhin einen „Bürgerstatus“ zuschrieb. Daraus resultierte im Verhältnis zur Welt aber keine durchsetzbare Pflicht, gab es real doch weder einen Weltstaat noch ein Weltvolk, keine Weltpolizei und kein Weltgericht.

Diesem traditionellen Bekenntnis-Kosmopolitismus stellt man heute nicht selten einen „neuen Typ“ von Kosmopolitismus gegenüber, der im Zeitalter der Globalisierung über (bloße) Bekenntnisse hinaus eine institutionelle Wirklichkeit geworden sei. Vom Welthandel hängt heute das Wohl und Wehe auch der reichsten Staaten ab, u.a. die Weltbank und der IWF nehmen sich seiner an, Freihandelsabkommen sollen weiterhelfen. Multinationale Unternehmen sind mitunter mächtiger als manche Staaten. Die „Weltgemeinschaft“ versucht in der UNO so etwas wie Weltpolitik zu konzipieren und große Mächte möchten als „Weltpolizisten“ auftreten, internationale Gerichte werden geschaffen oder ausgebaut. Und zugleich wird all dies auch massiv kritisiert und von vielen politischen Gruppen heftig eine Renaissance der Nationalstaatlichkeit gefordert.

Das vielleicht Folgenreichste an diesem neuen Kosmopolitismus könnte sein, dass er das Weltbürgerrecht ernst und beim Wort nimmt. Migranten pochen darauf, so frei wie die Waren Grenzen überschreiten zu dürfen, schulde die eine Welt doch auch ihnen Gleichbehandlung und Menschenrechte als Weltbürgerrechte. Großmächte insistieren darauf, nicht nur bei sich zu Hause, sondern weltweit „Ordnung“ schaffen zu dürfen oder gar zu müssen, so als gäbe es schon eine Weltinnenpolitik, ja einen Weltstaat. NGOs fordern Gerechtigkeit, eine in der politischen Theorie traditionell rein binnenstaatliche Kategorie, nunmehr über Staatsgrenzen hinweg und global. Neue Modelle globaler Ordnungsbildung geraten ins Visier, aber auch neue Machtstrukturen, neue Umverteilungen, neue Undurchschaubarkeiten ängstigen die Menschen und lassen Kritik an Kosmopolitismus und Globalisierung sowie nicht selten populistisch unterlegte Gegenmodelle scheinbar heiler Nationalstaatlichkeit entstehen.

Das Symposium des Instituts für angewandte Ethik in Bad Dürkheim will mit seiner Jahrestagung 2018 dazu beitragen, diesen gesamten Themenbereich mit Hilfe der Vertreter unterschiedlicher wissenschaftliche Disziplinen zu strukturieren und theoretische Grundlagen wie praktische Auswirkungen der traditionellen wie der heutigen Idee des Kosmopolitismus zu ergründen.

Programm:

Freitag, 9. März 2018, 14.00 Uhr

Prof. Dr. Hauke Brunkhorst
Europa-Universität Flensburg

Im Sog globaler Krisen – Hat der demokratische Kosmopolitismus
noch eine Chance?

Prof. Dr. Andreas Niederberger
Universität Duisburg-Essen

Pluralismus, Heterarchie und Freiheit:
Was bedeutet Kosmopolitismus im
21. Jahrhundert?

Prof. Dr. Regina Kreide
Justus-Liebig-Universität Gießen

Was ist globale Ungerechtigkeit?

***

Empfang des Herrn Bürgermeisters Christoph Glogger

Samstag, 10. März 2018, 9.30 Uhr

Prof. Dr. Klaus Günther
Goethe-Universität Frankfurt am Main

Kosmopolitische Rechtsgemeinschaft und nationaler Verfassungsstaat.
Gegensatz oder Bedingungsverhältnis?

Prof. Dr. Katrin Gierhake, LL.M.
Universität Regensburg

Übergangsjustiz als Akt der Selbstbestimmung eines Volkes

Prof. Dr. Martino Mona
Universität Bern

Toleranz und Intoleranz

***

Anschließend Mitgliederversammlung
(nur für Mitglieder)