Weltweit einzigartiges Konzept zur Barrierefreiheit für gehörlose Menschen

Preis des Hochschulrats der Hochschule Mainz verliehen

V.l.n.r.: Sven Brucker, Jan Lorenz und Benedikt Roland Zillgen

Mainz – Zum sechsten Mal ist am 9. Juli der Preis des Hochschulrats der Hochschule Mainz verliehen worden, mit dem herausragende Studienleistungen ausgezeichnet werden.

Der mit 2000 Euro dotierte Preis wurde in diesem Jahr geteilt und an drei Absolventen vergeben. 1000 Euro erhielt Jan Lorenz, Absolvent des Studiengangs Kommunikationsdesign, für seine Masterarbeit „Der Gebärdensprachbutton“. Je 500 Euro gingen an Benedikt Roland Zillgen und Sven Brucker, deren Bachelorarbeiten im Studiengang Bauingenieurwesen gleichfalls mit der Note 1,0 bewertet worden waren.

Mit seinem – weltweit einzigartigen – Konzept eines neuen Kommunikationstools für gebärdensprachlich orientierte Nutzer hat Jan Lorenz „eine bis ins Detail durchdachte Strategie entwickelt, wie durch Vereinfachung und Vereinheitlichung der gesetzlich vorgeschriebene Weg der Barrierefreiheit auch für Gehörlose und Gehörbeeinträchtigte realistisch geebnet werden kann“, so Prof. Philipp Pape, der die Masterarbeit an der Hochschule Mainz betreut hat. „Durch einen einheitlichen Button, unter dem unterschiedliche Übersetzungen für die Betroffenen angeboten werden können, werden nach diesem Konzept Angebote erstmals auffindbar, vergleichbar und verknüpfbar.

Ein solcher Ansatz wird dazu führen, sowohl den Bedarf an diesen Angeboten deutlich zu machen, als auch einen Wettbewerb in Gang zu setzen, die Umsetzung der Inklusion im öffentlichen und privaten Sektor voran zu treiben. Der Gebärdensprachbutton erreicht dies durch die simple, aber aussagekräftige Gestaltung von Icons, die den ganzen Umfang der möglichen Übersetzungen für Gehörlose abdecken: Gebärdensprach-Videos, Gebärdensprach-Dolmetscher, Gebärdensprach-Avatare oder einen Gebärdensprach-Direktkontakt. Somit wird die Vielfalt der Angebote erstmals darstellbar und auffindbar und gleichzeitig auch beworben.“

Mit dem Gebärdensprachbutton hat Jan Lorenz, der als hörender Sohn zweier gehörloser Eltern persönlich für das Thema sensibilisiert ist, eine standardisierte visuelle Orientierung für gebärdensprachliche Angebote im Internet geschaffen und damit, wie er sich selbst wünscht, „einen Beitrag zur soziopolitischen Partizipation Gehörloser“ geleistet.

Neben dem Button sind auch eine Informationswebseite und eine Eingabemaske für Anbieter weitere wesentliche Bestandteile der Arbeit. „Während die Informationswebseite das gesellschaftliche Bewusstsein für die Lebensbedingungen und Belange Gehörloser stärkt“, erläutert Jan Lorenz, „ist die Eingabemaske für Anbieter des Buttons eine einfache und wirtschaftlich attraktive Möglichkeit, ihre an gehörlose Menschen gerichteten Informationen und Kommunikationsangebote über den Gebärdensprachbutton einzupflegen und auf ihren eigenen Internetauftritten damit barrierefrei im Internet zu präsentieren. Dieses Konzept ist gegenwärtig weltweit noch nicht vorhanden und in seinem Umfang einzigartig.“

Über seine herausragende fachliche Leistung hinaus hat sich Jan Lorenz auch immer wieder gesellschaftlich engagiert. Zwischen 2011 und 2013 war er Mitglied der Jury eines deutsch-landweiten Plakatwettbewerbs des Deutschen Studentenwerks und gestaltete dazu auch deren Informationsmaterial. Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts entwarf er eine Applikation für zukünftige Ausstellungen im Gutenberg-Museum Mainz, die eine Partizipation an den Themen der Ausstellung auch außerhalb des Museumsraumes ermöglichen soll.

Die von Benedikt Roland Zillgen verfasste Bachelor-Arbeit zum Thema „Entwicklung eines variablen Brückenbaukastens auf Basis tragender Rundholzquerschnitte“  befasst sich mit dem Entwurf und der Bemessung modularer Konstruktionsformen auf Basis nachwachsender Rohstoffe.

„Im Zusammenhang mit der Schaffung nachhaltiger Infrastrukturbauwerke handelt es sich hierbei um eine Fragestellung von großer ökologischer und wirtschaftlicher Tragweite“,

betont Prof. Dr.-Ing. Michael Küchler, der Betreuer der Arbeit. Das modulare Tragwerkskonzept basiert wesentlich auf dem Gleichteilprinzip der raumbildenden Bauteile und einem „intelligenten“ Knotenpunkt zur Verbindung der einzelnen Komponenten.

Dem Entwurf dieser Knotenelemente widmet sich Sven Brucker im Rahmen seiner Bachelor-Thesis zum Thema „Hybride Knotengestaltung zur Verbindung von Rundholzquerschnitten im Brückenbau“. Das wesentliche Ziel der Arbeit war es, neuartige werkstoffübergreifende, hybride Knoten- und Verbindungselemente zur Fügung beliebiger Stab- und Flächentragwerke zu ent-wickeln, die neben einer hohen Tragfähigkeit auch über eine ausreichende Duktilität verfügen, um einen möglichst hohen Grad der Ausnutzung der beteiligten Werkstoffe zu ermöglichen.

Beide Arbeiten entstanden im Rahmen des fachübergreifenden kooperativen Forschungsprojekts „Connected Research/ Verbindungen schaffen“ des Lehr- und  Forschungsgebiets Bauen im Bestand der Hochschule Mainz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Betonbau der Technischen Universität Graz und dem Institut für Werkstoff- und Konstruktionsentwicklung Magdeburg.

Im Rahmen der Feierstunde wies der Präsident der Hochschule Mainz, Prof. Dr.-Ing. Gerhard Muth, darauf hin, dass auch die beiden Bachelor-Absolventen hohe Sozialkompetenz und Team-fähigkeit bewiesen haben, indem sie sich über Jahre als studentische Vertreter in verschiedenen Fach- und Berufungsausschüssen der Hochschule engagiert haben.

Den Preis hatte der Hochschulrat 2009 gestiftet. Der Vorsitzende des Gremiums, Richard Patzke, sagte: „Der Preis ist eine besondere Auszeichnung für die Studierenden und Absolventen. Denn ihre Hochschule honoriert damit nicht nur herausragende Studienleistungen, sondern auch das allgemeine soziale oder hochschulpolitische Engagement der Preisträger. Darüber hinaus zeigt die Hochschule Mainz gegenüber den Wirtschaftsunternehmen an diesem Standort, der Politik, den Verwaltungen, Behörden und alle anderen Institutionen und Gruppierungen von gesellschaftlichem Einfluss, dass sie ein Leistungsträger des Fortschritts in der Region und für die Region ist.“