Ludwigshafen: Welt-Frühgeborenen-Tag am 17. November – Aktionen, Informationen, Führungen

Neugeborenes (Foto: St. Dominikus Krankenhaus und Jugendhilfe gGmbH)
Neugeborenes (Foto: St. Dominikus Krankenhaus und Jugendhilfe gGmbH)

Ludwigshafen – Eins von zehn Babys, nach neuesten Studien sogar jedes neunte, ist ein Frühgeborenes – weltweit. Und die Zahl steigt stetig an. In Deutschland sind es jährlich etwa 60.000 Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Davon kommen etwa 8.000 „Frühchen“ vor der 30. Schwangerschaftswoche zur Welt. Frühgeborene sind die größte Kinderpatientengruppe Deutschlands. Das bedeutet auch Probleme und Risiken für die weitere Entwicklung dieser Kinder und hohe Belastung ihrer Familien.

Um auf die Herausforderungen von Frühgeborenen und deren Familien aufmerksam zu machen, wurde der Welt-Frühgeborenen-Tag ins Leben gerufen, der am 17. November begangen wird. Über Landesgrenzen hinweg sollen Frühgeburt und ihre Folgen thematisiert werden. Am 17.11. werden bedeutende Bauwerke, Naturdenkmäler und Gebäude weltweit in lila, der Farbe der Frühgeborenen, beleuchtet und angestrahlt, darunter auch das Heidelberger Schloss, das Empire State Building oder die Bosporus Brücke in Istanbul. Die Idee zur Beleuchtung von exponierten Gebäuden auf der ganzen Welt „Purple for preemies!“ stammt ursprünglich von der amerikanischen Organisation March of Dimes und erfreut sich eines immer größer werdenden Zuspruchs. In diesem Jahr ist auch das St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen das erste Mal mit dabei. Angeleuchtet werden der Eingangsbereich und die Fassade. Mit einbezogen sind auch die Fenster hinter denen die Frühgeborenen auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation im dritten Stock versorgt werden. Dazu gibt es zwischen 15 und 18 Uhr einen Infomarkt und jeweils um 15 und 16 Uhr startend Informationsveranstaltungen mit Vorträgen und Führungen.

„Pro Jahr werden bei uns um die 1.700 Kinder geboren. Die Versorgung von Frühgeborenen ist eine der Kernkompetenzen des Hauses. Das St. Marienkrankenhaus wird in diesem Jahr das erste Mal lila leuchten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Geburtshilfe und Früh- und Neugeborenenabteilung unterstützen den Tag zusätzlich mit mehreren Aktionen“, sagt Marcus Wiechmann, Geschäftsführer der St. Dominikus Krankenhaus und Jugendhilfe gGmbH, Träger der Klinik. Jeweils startend um 15 und 16 Uhr gibt es am 17.11. Vorträge und Informationen rund um Entbindung, Wochenbett, Frühgeborenenperiode und Nachsorge. Daran schließen jeweils um 16 und 17 Uhr Führungen durchs Perinatalzentrum mit Kreißsaal, Entbindungsstation, Frühgeborenenstation und den Wohnbereich von Begleitpersonen an. Von 15 bis 18 Uhr gibt es zusätzlich einen Infomarkt im Foyer des St. Marienkrankenhauses mit der Möglichkeit für Kontakte und persönliche Gespräche. Auch Eltern von in den letzten Jahren in der Klinik betreuten Frühgeborenen werden vorbei kommen. Und auch eine kleine Fotoausstellung wird gezeigt. „Sehr persönliche Momente aus einer schwierigen Zeit, aber auch sehr lustige und positive Bilder sind dabei“, berichtet Ursula Krupp, Stationsleitung auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation „Däumling“. Für Eltern bedeutet es meistens einen Schock, wenn Kinder (viel) zu früh auf die Welt kommen, hier können die Informationen und der persönliche Kontakt und Austausch helfen.

Im Perinatalzentrum im St. Marienkrankenhaus werden jährlich etwa 250 Frühgeborene, davon rund 45 unter 1.500 Gramm, betreut. Ein wesentlicher Baustein ist die Versorgung der Kinder im Kontext der Familie. Dies beginnt bereits vor der Geburt und reicht über den stationären Aufenthalt der Kinder hinaus. „Es geht nicht nur darum, dass die Kinder überleben, sondern dass sie dies möglichst gesund tun“, so die Leitende Oberärztin Dr. med. Birgit Görtz. Dies könne nur gelingen, wenn auch die Familien unterstütz werden, die durch die Situation sehr belastet sind. Das Ziel des gesamten Teams ist das Leben der Kinder ohne schwere Folgeerkrankung und die Entlassung in eine möglichst stabile Familie. Frühgeburtlichkeit, insbesondere Frühgeburtlichkeit vor der 32. Schwangerschaftswoche bedeutet für viele Eltern eine Lebenskrise. Die oft unerwartete Konfrontation mit einem extrem kleinen Kind, die Sorge um sein Leben und seine Entwicklung sowie der lange Krankenhausaufenthalt von Mutter und Kind stellen eine große Belastung dar, die lange über den Entlassungszeitpunkt hinaus weiter wirkt. Auch wenn statistisch gesehen heute Frühgeborene ab vollendeten 24 Schwangerschaftswochen gute Überlebenschancen haben, klingt diese Information für Eltern, die ihr extrem kleines Kind im „Brutkasten“ liegen sehen, zunächst oft unglaubwürdig. Viele Gespräche mit dem Behandlungsteam helfen den Schock zu überwinden und Vertrauen in die Lebenskraft des Kindes zu entwickeln. Im gesellschaftlichen Fokus steht aktuell die Versorgung der Frühgeborenen unter 1.500 Gramm Geburtsgewicht. Diese Patientengruppe hat einen besonders hohen Betreuungsbedarf und ihre erfolgreiche Behandlung erfordert eine hohe Expertise des Behandlungsteams. Im Ranking der sieben Perinatalzentren Level 1 im Rhein-Neckar-Raum, welches im Internet verfügbar ist, findet sich die Neonatologie des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses im vorderen Bereich.

„Wichtig ist eine professionelle interdisziplinäre Versorgung der Frühgeborenen und ihrer Eltern (Familie), um eine gute Ausgangsposition für ein gesundes Leben zu ermöglichen. Deshalb wurden auch die Qualitätskriterien vom GBA (Gemeinsamen Bundesausschuss) entsprechend festgelegt“, ergänzt Rita Schwahn Leiterin des Pflegemanagements, die selbst auch lange auf einer großen Früh- und Neugeborenenintensivstation gearbeitet hat. „Wir bieten diese geforderte qualitativ hochwertige Versorgung an“, so Schwahn. 40 Prozent der Mitarbeiter besitzen die zweijährige Weiterbildung zur Fachpflege für Pädiatrische Intensivpflege. Interdisziplinäre Zusammenarbeit, strukturierte Besprechungen, qualifiziertes Fachpersonal und strukturierte Nachbetreuungen sind Eckpunkte der GBA-Kriterien für Level 1-Kliniken, wie das St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus. Im interdisziplinären Team arbeiten Fachärzte, Pflegekräfte, Psychologen, Therapeuten, Sozialarbeiter und Krankenhausseelsorger zusammen daran, für jeden Patienten und seine Familie die richtige Unterstützung zu finden. Die Pflegenden haben sich für die primäre Pflege als Organisationsform innerhalb der Station entschieden. Hier erhalten die Eltern einen festen Ansprechpartner. Die primäre Pflegekraft versorgt, beurteilt und beobachtet das Kind und gibt wichtige Information an alle Beteiligten weiter. Sie begleitet und unterstützt die Eltern in persönlichen Gesprächen, leitet Eltern bei der eigenständigen Versorgung ihres Kindes an und bindet frühzeitig die Casemanagerin zur Entlassplanung und Nachsorge mit ein.

Arbeit konkret

Die Abteilung Neonatologie bildet gemeinsam mit der Geburtshilflichen Klinik das Perinatalzentrum Level 1 (= Geburtszentrum höchster Versorgungsstufe). Im Team arbeiten Neonatologen (Intensivmediziner für Neugeborene), Kinderärzte und Fachkräfte für pädiatrische Intensivpflege im Vollschichtsystem. Sie sind ausschließlich zuständig für Kreißsaal, Wochenstation und Intensivstation. Für externe Kliniken besteht ein Neugeborenenabholdienst.

Vor der Geburt

Die Stärkung der Eltern beginnt im St. Marienkrankenhaus bereits vor der Geburt. Sofern während der Schwangerschaft kindliche Risiken (z. B. drohende Frühgeburt, Mehrlinge, Fehlbildungen) erkennbar werden, gibt es im Rahmen der Perinatalsprechstunde gemeinsame Beratungsgespräche von Früh- und Neugeborenenmedizinern mit dem Team der Geburtshilfe, bei einer anstehenden Operation auch mit Kinder- oder Neurochirurgen. Eltern, deren Kind aufgrund bekannter Risiken wahrscheinlich auf der Station Däumling betreut werden wird, können diese nach Terminvereinbarung gerne vor der Geburt kennen lernen. Bei drohender Frühgeburt werden Eltern von der Casemanagerin besucht und auf die zu erwartenden Pflegebesonderheiten eines Frühgeborenen vorbereitet. Eine spezielle Frühgeborenenpuppe, benötigte Sonden oder Atemhilfen, kleine Windeln und Kleidung sind im Gepäck und machen die Größe eines Frühgeborenen mit einem Gewicht unter 1.000 Gramm begreifbar.

Aufenthalt in der Klinik

Neben der qualifizierten medizinischen Versorgung haben die Förderung der Eltern-Kind-Beziehung sowie die Stärkung der Elternkompetenz hohe Priorität und sind prägend für die Abläufe und die Atmosphäre auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation. Durch die Bezugspflege haben die Eltern einen festen Ansprechpartner. Eltern können ihre Kinder rund um die Uhr besuchen und werden frühzeitig in die Pflege ihres Kindes einbezogen. Regelmäßiges Kanguruhing, bei dem das Frühgeborene für mehrere Stunden auf dem Oberkörper der Mutter oder des Vaters ruht, fördert durch den Haut zu Haut-Kontakt und die dadurch erlebte intime Nähe in besonderer Weise die Eltern-Kind-Bindung. Als zusätzliches Element zur Entwicklungsförderung und Unterstützung der Eltern-Kind-Bindung dient die Musiktherapie. Dieses Angebot wird von vielen Müttern als sehr positiv bewertet. Um den Müttern die Möglichkeit zu bieten, in der Nähe ihres Kindes zu bleiben, wurde das Elternhotel im sechsten Stock des Krankenhauses eingerichtet. Die freundlich eingerichteten Zimmer dienen nicht nur als Übernachtungsplatz, sondern sind auch als Rückzugsraum für die Mütter wichtig. Teeküche und Geschwisterspielzimmer können als Treffpunkt der Familie genutzt werden. Zusätzlich gibt es Unterstützung durch Gesprächsangebote von Seiten der Psychologin und durch die Krankenhausseelsorge.

Nach dem Klinikaufenthalt

Die „Marienkäfer“ begleiten die Familien bereits während der Zeit, in der das Kind auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation betreut wird. Dies sind Kinderkrankenschwestern, die auch nach der Entlassung aus der schützenden Station Hausbesuche machen und so dem Kind und seinen Eltern unterstützend und beratend zur Seite stehen. Alle Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm werden bis zum Alter von 24 Monaten regelmäßig in der entwicklungsneurologischen Sprechstunde nachuntersucht, um eventuelle Defizite rechtzeitig zu erkennen und Fördermaßnahmen einzuleiten.