Frankfurt: Kino aus dem tropischen Untergrund

Lecture & Film-Reihe beginnt am 19. Oktober und ist in den kommenden Semestern Teil des Gesamtprojekts „Tropical Underground“

Frankfurt am Main – Wer die kulturelle Globalisierung der Gegenwart verstehen will, kann von der brasilianischen Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre lernen. Mit deren Verbindung von Anthropologie und Avantgarde befasst sich das vielschichtige wissenschaftlich-künstlerische Projekt „Tropical Underground“, zu dem die kommende Lecture & Film-Reihe gehört, auch dieses Mal veranstaltet vom Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität, dem Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ und dem Kino des Deutschen Filmmuseums.

Die Lecture & Film-Reihe, bei der nach einem einleitenden Vortrag jeweils ein Film auf dem Programm steht, umfasst in den nächsten zwei Semestern 16 Termine. Sie beginnt am 19. Oktober 2017, setzt den Akzent auf das Cinema Marginal der späten 1960er und 1970er und stellt dieses auch in den Kontext des Cinema Novo und der Tropicalia-Bewegung. Das Cinema Marginal war Bestandteil der brasilianischen Gegenkultur. Insider beschreiben es als eine Explosion des Erfindungsreichtums an der Schnittstelle von Underground und Genrekino, ausgelöst durch die Einmischung der Militärdiktatur ins Kulturleben, verknüpft mit der Tropicalia-Bewegung in der Pop-Musik und zugleich visionäre Antwort auf die Globalisierung.

Zum Auftakt am 19. Oktober um 20.15 Uhr im Deutschen Filmmuseum spricht Vinzenz Hediger, Professor für Filmwissenschaft an der Goethe-Universität, assoziiertes Mitglied des Clusters und einer der maßgeblichen Organisatoren der Reihe. Schon der Titel seiner Lecture leitet zu dem dann gezeigten Film über: „Im Kino der Menschenfresser: ‚Macunaíma’, ein Film zwischen Anthropologie und Avantgarde“. Es geht in dem Film um künstlerische „Menschenfresserei“, die Aneignung der westlichen Kunst und Kultur ebenso wie die der Kulturen des Amazonas. In brasilianischen Kunst- und Avantgardekreisen war schon im frühen 20. Jahrhundert das „Anthropophagische Manifest“ – Anthropophagie steht für menschlichen Kannibalismus – ausgerufen worden. Das Manifest galt als das Programm einer neuen, nicht-europäischen Moderne.

Auch das Gesamtprojekt „Tropical Underground“ erkundet noch bis zum Juli 2018 die vielfältigen Verknüpfungen von Anthropologie, Avantgarde und Globalisierung in Brasilien seit den 1960er Jahren. Zu den Veranstaltungen gehört in diesem Wintersemester auch die Kantorowicz Lecture des Forschungszentrums Historische Geisteswissenschaften der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“. Am 15. November 2017 widmet sich der brasilianische Ethnologie-Professor Eduardo Viveiros de Castro dem Thema: „Against the ontological exceptional position of ‚our species‘“.

Das wissenschaftlich-künstlerische Projekt „Tropical Underground“ wird gemeinsam realisiert mit dem Weltkulturen Museum, dem Museum Angewandte Kunst und dem Künstlerhaus Mousonturm sowie mit SESC – São Paulo und arte 3. Unterstützt wird es vom Kulturamt der Stadt Frankfurt, dem Kulturfond Frankfurt RheinMain, der Dr. Marschner Stiftung, der hessischen Film- und Medienakademie sowie der Vereinigung der Freunde und Förderer der Goethe-Universität.

Details zum Programm: www.tropical-underground.de

Die Lecture & Film-Reihe findet im Kino des Deutschen Filmmuseums statt (Schaumainkai 41, Frankfurt am Main). Eintritt frei, Platzzahl beschränkt. Kartenreservierungen empfohlen unter 069 961 220-220.