Spurensuche Fam. Michels
Ulrike Michel (2.v.l.) traf bei ihrem Besuch im Stadtarchiv Werner Fuchs und dessen Ehefrau Annemarie (rechts). Gemeinsam mit Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann (2.v.r.) plant sie ein Projekt zur Geschichte der Bad Kreuznacher Michels. (foto: Stadtverwaltung Bad Kreuznach)

Bad Kreuznach – In der Familiengeschichte ihres Mannes Torsten kennt sich Ulrike Michel bestens aus.

Vom Forscherfieber gepackt, hat sie den Stammbaum über mehrere Generationen bis ins 18. Jahrhundert erarbeitet. Viele Dokumente wie Fotoalben, Geschäftsbriefe und Postkarten haben die Michels ihren Nachfahren hinterlassen, einiges fand sie auch im Bad Kreuznacher Stadtarchiv. Denn die Familie Michel steht für ein Kapitel Bad Kreuznacher Wirtschaftsgeschichte, die spannende Geschichte einer bürgerlichen jüdischen Familie.

Bei ihrem jüngsten Besuch bei Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann traf sich Ulrike Michel auch mit dem Ehepaar Werner und Rosemarie Fuchs. Fuchs, pensioniertes Vorstandsmitglied der Landesbank Rheinland-Pfalz, hat als großer Förderer der christlichen-jüdischen Beziehungen bei einem Besuch in Haifa, Israel, Robert Michel kennengelernt, der von Hugo Michel (1875-1942) abstammt. Seinem Sohn Gadi Zach, der im Sommer erneut zu Besuch in Bad Kreuznach sein wird, ist Fuchs nach Robert Michels Tod weiterhin verbunden. Viele Mitglieder der Familie Michel wurden Opfer des Völkermordes durch die Nationalsozialisten, einige wenige konnten emigrieren.

Für die weitverzweigte Familie sind an dieser Stelle zwei Äste des Stammbaums erwähnt. Leopold Michel (1847-1921) führte ein Textilgeschäft in der Mannheimer Straße 4. Er war mit Bertha Levi aus Erbes- Büdesheim verheiratet. Deren Sohn Josef Richard Michel (1876-1945) war von 1928 bis 1933 Mitglied des Bad Kreuznacher Stadtrates und mit Bertha verheiratet, der Tochter von Heinrich Deecke, Inhaber des Geschäftes (Papier, Schreibwaren, Lotto) am Eiermarkt 4. Josef Richard Michel ist der Großvater von Ulrikes Ehemann Torsten; er wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges in das KZ Buchenwald deportiert. Dort verliert sich seine Spur. Ein Mithäftling berichtete später der Familie, dass er ihn nicht überreden konnte, mit ihm aus dem Deportationszug nach Buchenwald zu fliehen.

Mit der Cousine zweiten Grades ihres Mannes, Shlomit Chasid, hat sich Ulrike Michel angefreundet. Deren Mutter Lotte Michel kam als Kind mit einem Kindertransport nach Frankreich. 1944 wurden die Kinder über die Pyrenäen gebracht und kamen mit einem spanischen Schiff nach Palästina. Sie lebt noch heute mit ihren fast 90 Jahren in einem Kibbuz.

Die beiden Künstlerinnen haben sich 2016 erstmals am Wohnort von Ulrike Michel in Bad Homburg getroffen und sind zur Spurensuche nach Bad Kreuznach gefahren. Die Reise in die Vergangenheit ihrer Familie, insbesondere der Besuch des jüdischen Friedhofes, aber auch die Sichtung der vielen Zeugnisse ihrer Familiengeschichte im Stadtarchiv, waren für Shlomit Chasid sehr bewegend. Ihr Onkel Ernst Michel, Bruder von Lotte Michel, der als Auschwitzüberlebender ein Buch geschrieben hatte, konnte sie lange nicht dazu bewegen, Deutschland aufzusuchen. Erst die Recherche von Ulrike Michel und das gemeinsame Verstehen änderte ihre Haltung.

Die Ergebnisse ihrer Spurensuche wurden in Israel in die Gedenkstätte Yad Vashem aufgenommen. Die Unterlagen überreichte Ulrike Michel dem deutschen Direktor von Yad Vashem, Arik Rav-On, anlässlich des Memorial Days im April dieses Jahres.

„Alles läuft in Bad Kreuznach zusammen“,

sagt Ulrike Michel und ist bei Franziska Blum-Gabelmann ein gern gesehener Gast. Die beiden planen ein Projekt zur Geschichte der Bad Kreuznacher Michels.