Mainz: Gutenberg Research Award 2017

Interdisziplinäre Forschung

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(v.l.) Prof. Dr. Stefan Müller-Stach, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der JGU, Prof. Dr. Karin Knorr Cetina, Preisträgerin des Gutenberg Research Award 2017, und Prof. Dr. Thomas Hieke, Direktor des Gutenberg Forschungskollegs (GFK) Foto/©: Simon Büttner, brikettfilm

Mainz – Das Gutenberg Forschungskolleg (GFK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat auf seiner gestrigen Jahresfeier die Soziologin Prof. Dr. Karin Knorr Cetina von der University of Chicago mit dem Gutenberg Research Award 2017 ausgezeichnet.

Knorr Cetina hat den mit 10.000 Euro dotierten Preis für ihre bahnbrechenden Beiträge zur Anthropologie, Soziologie und interdisziplinären Wissenschaftsforschung erhalten. Der Gutenberg Research Award wird seit 2012 jährlich an international herausragende Forscherpersönlichkeiten aus verschiedenen Fächern verliehen.

„Auch in diesem Jahr zeichnen wir eine weltweit renommierte Spitzenforscherin aus“,

sagt der Direktor des GFK, Prof. Dr. Thomas Hieke.

Knorr Cetina ist unter anderem durch ihre innovativen Studien zur Arbeitsweise und praktischen Rationalität von Naturwissenschaftlern und Devisenhändlern bekannt geworden. 1981 veröffentlichte sie die Monografie „Die Fabrikation der Erkenntnis: Zur Anthropologie der Naturwissenschaft“. In dieser Studie analysiert sie, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch ihre soziale und wissenschaftliche Praxis im Labor naturwissenschaftliches Wissen erzeugen. „Diese Studie markierte Anfang der 1980er-Jahre einen Durchbruch in der internationalen Wissenschaftsforschung und prägte maßgeblich die zu jener Zeit entstehenden transdisziplinären Science Studies“, sagt Prof. Dr. Herbert Kalthoff, der als Sprecher des Forschungsschwerpunkts „Sozial- und Kulturwissenschaften Mainz“ (SoCuM) der JGU Knorr Cetina für den Gutenberg Research Award 2017 nominiert hatte.

In den vergangenen Jahren eröffnete Knorr Cetina mit ihren Studien zur Generierung von ökonomischem Wissen auf internationalen Finanzmärkten erneut neue Perspektiven für die innovative interdisziplinäre Forschung. Ihr Fall sind Devisenhändler, die sich in ihren Investitionsentscheidungen auf einen Markt beziehen, den sie durch ihre technisch vermittelten Interaktionen mit hervorbringen. Zurzeit arbeitet Knorr Cetina an einer Analyse und Beschreibung der modernen Gesellschaft als „Synthetic Society“, die menschliches Handeln mit technischen Artefakten und virtuellen Systemen verknüpft.

„Das bietet die Möglichkeit zum Aufbau äußerst fruchtbarer Beziehungen mit dem Forschungsschwerpunkt SoCuM“,

sagt Kalthoff.

Nach ihrer Promotion in Kulturanthropologie an der Universität Wien und einem anschließenden Abschluss in Soziologie am Institut für Höhere Studien in Wien arbeitete Knorr Cetina an der University of California in Berkeley, der University of Pennsylvania, der Virginia State University und der Wesleyan University in Connecticut. Im Jahr 1983 wurde sie Professorin an der Universität Bielefeld. 2001 wechselte sie an die Universität Konstanz, seit 2010 ist sie Professorin für Soziologie und Anthropologie an der University of Chicago.

„Ihr wissenschaftlicher Werdegang vereint eine ausgeprägte Interdisziplinarität und gelebte Internationalität“,

sagt Kalthoff.

„Sie ist eine Brückenfigur, die zwischen europäischen und anglo-amerikanischen Sozialwissenschaften vermittelt; die von ihr gewonnenen Erkenntnisse wirken aber auch weit über ihre eigentlichen Stammdisziplinen hinaus.“