Bad Dürkheim: Bad Dürkheimer Symposium des Instituts für angewandte Ethik e.V. am 31.3. und 1.4.17

Bad Dürkheim – Wie der Deutsche Juristentag gerade im vergangenen Jahr zeigt, hat unser Familienrecht zwar noch ein Leitbild – nämlich das Leitbild der Ehe – aber lange schon sieht die soziale Realität anders aus. Fast eine Million Unverheiratete leben heute in Deutschland in Gemeinschaft mit Kindern, sei es mit gemeinsamen Kindern oder sei es in der sprichwörtlichen „Patchwork“-Familie. Bei den Kindern wiederum sind es schon an die 10%, die bei Stiefeltern leben – ganz „normalen“ Stiefeltern, wie wir sie schon lange kennen, zunehmend aber auch bei gleichgeschlechtlichen Partnern, denen gleichzeitig immer noch die ansonsten übliche Form der Adoption verwehrt bleibt.

Dieser „soziale Wandel“ von Elternschaft und Kindheit – für viele immer noch „ungewöhnlich“ aber gleichwohl doch noch „natürlich“ – wird nun überlagert von technischen Neuerungen im Umfeld der Eltern-Kind-Beziehung. Seit Jahrzehnten rücken Praktiken und Weiterentwicklungen der Reproduktionsmedizin in den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Kinderlosigkeit wird nicht mehr einfach als Schicksal wahrgenommen, sondern in Kategorien von Fortpflanzungsfreiheit gedacht. Hunderttausende von Paaren machen allein in Deutschland davon Gebrauch – und was, anders als zum Teil im Ausland, heute noch bei uns verboten ist, wird auch hier zunehmend debattiert: etwa Eizellspende oder Leihmutterschaft.

Was wird hier in naher Zukunft an sozialem und technologischem Wandel auf uns zukommen?

Eine Frage wird sein, wie in Familien, die auf neuartige Weise zusammengesetzt sind, die rechtlichen Verpflichtungen der sozialen Rolle folgen werden. Sollte das Recht in einer Art Baukastensystem unterschiedliche soziale Modelle auf dem Markt der juristischen Möglichkeiten anbieten oder sollte es jedem Paar selbst überlassen, welche besondere Situation es gerade für die eigene Beziehung vorzieht? Werden Elternvereinbarungen wichtiger?

Ein wichtiger Streitpunkt ist heute auch der um die Rechtsstellung des biologischen Vaters. Wie soll man sein Umgangsrecht regeln? Und soll er die Vaterschaft anfechten können? Entscheidungen des EGMR zu diesen Fragen fordern hier eine Reaktion des Gesetzgebers. Eine andere Debatte trifft direkt die Kinderrechte: Wie ist die Stellung der Kinder, wenn sie im Ausland aufgrund einer Leihmutterschaft für deutsche Eltern ausgetragen und geboren werden – haben sie dann drei rechtliche Elternteile?

Das Abstammungsrecht, das Adoptionsrecht und das Sorgerecht werfen so neue Fragen auf, desgleichen das Unterhaltsrecht und das Erbrecht. In all diesen Breichen ist gesetzgeberische Fantasie gefordert, müssen Lösungen einzelnen Problemen gerecht werden und zugleich miteinander sinnvoll vereinbar sein, müssen neue Regelungen von der gelebten Familie ihren Ausgang nehmen und zugleich anerkannten Rechtsprinzipien genügen.

Wie diese sozialen, technologischen und rechtlichen Herausforderungen angegangen werden sollten, wird Thema der Jahrestagung 2017 des Instituts für angewandte Ethik sein. Die interessierte Öffentlichkeit ist zu diesem Bad Dürkheimer Symposium im Dürkheimer Haus in der Kaiserslauterer Straße 1 in Bad Dürkheim herzlich eingeladen.

Das Programm:

Freitag, 31. März 2017, 14.30 Uhr
Teil I
Neue Familienformen:
Herausforderungen …

… aus medizinrechtlicher Sicht

Prof. Dr. iur. Jochen Taupitz
Universität Mannheim

… aus familienrechtlicher Sicht

Prof. Dr. iur. Tobias Helms
Universität Marburg

Samstag, 1. April 2017, 9.30 Uhr
Teil II
Neue Familienformen:
Herausforderungen …

… aus psychologischer Sicht

Dipl.Psych. Prof. Dr. phil. Sabine Walper
Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) München

Dipl.Psych. Dr. Dr. Joseph Salzgeber
Gesellschaft für Wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie (GWG)

Der Verein wurde 1994 gegründet. Mitglieder sind insbesondere Philosophen, Juristen, Mediziner, Theologen, Soziologen und Psychologen, die in der Wissenschaft, aber auch in der Praxis arbeiten.

Viele Probleme der modernen, hochkomplexen Welt stellen den Menschen vor Herausforderungen, zu deren Lösung mehr als nur eine Disziplin aufgerufen ist.

Als gemeinnütziger Verein verfolgt das Institut für angewandte Ethik e.V. den Zweck, Fragen der Ethik in ihren vielfältigen Anwendungsbereichen zu erforschen und der interessierten Öffentlichkeit zu vermitteln.

Mit seinen Jahrestagungen versteht sich der Verein vor allem als ein Forum, auf dem in möglichst allgemein verständlicher Weise relevante Probleme der Gesellschaft unter moral- und rechtsphilosophischer Perspektive diskutiert werden können.

Mit seinen regelmäßig erscheinenden interdisziplinär ausgerichteten Jahresbänden, in denen die Tagungsvorträge um zusätzlich Beiträge ergänzt werden, wendet sich der Verein zudem an die wissenschaftliche Fachgemeinschaft.

Nähere Informationen gibt es im Internet unter: www.ethik-institut.de