Pfalz: Dritte Pfälzer Eisweinernte in 12 Monaten

Ältere Jahrgänge können mehrere hundert Euro kosten

Eisweinernte der vergangenen Nacht auf dem Weingut Villa Hochdörffer. (Foto: Weingut Villa Hochdörffer)
Eisweinernte der vergangenen Nacht auf dem Weingut Villa Hochdörffer. (Foto: Weingut Villa Hochdörffer)

Neustadt an der Weinstraße – In der Nacht auf den heutigen Dreikönigstag haben mehrere Pfälzer Weingüter und Genossen­schaften bei Temperaturen von bis zu -11° Celsius Eiswein geerntet. Im vergangenen Jahr fand die Eiswein-Lese Mitte Januar und Ende November statt. Damit konnte in den letzten 12 Monaten in der Pfalz bereits dreimal Eiswein geerntet werden. Seit vier Jahren besteht in Rheinland-Pfalz die Verpflichtung, eine beabsichtigte Eisweinernte bereits Mitte November des Erntejahres unter Angabe der Lage anzumelden, Weinkontrolleure überprüfen die Qualität der Trauben meistens noch vor Ort.

Riesling war die meistgeerntete Rebsorte in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 2017. Sie wurde gelesen vom Weingut Gebrüder Anselmann (neben der Rebsorte Johanniter), vom Consulat des Weines in St. Martin, vom Weingut Villa Hochdörfer (neben Silvaner) und vom Weingut Egidiushof. Die Winzergenossenschaft Edenkoben hat Cabernet Mitos gelesen. Das Weingut Raabe erntete von der Scheurebe, das Weingut Jochen Kuhmann Spätburgunder und das Weingut Frey Sauvignon Blanc sowie Spät­burgunder und Merlot. Weitere Weingüter und Winzer­genossenschaften hoffen auf günstige Erntebedingungen am kommenden Wochenende und in der kommenden Woche.

Den exquisiten Stoff, der aus klirrender Kälte kommt – gelesen werden darf erst bei mindestens sieben Grad minus und die Trauben müssen noch im gefrorenen Zustand gekeltert werden – und doch die Süße des Sommers in sich trägt, wird es nie in großer Menge geben. Schließlich bringt ein Hektar Rebfläche normalerweise rund 10.000 Liter, beim Eiswein ist es nur ungefähr ein Zehntel. Die freiwillige Mengenreduktion kann sich natürlich lohnen: Ein Eiswein ist kaum unter 15 bis 20 Euro je Halbliterflasche zu bekommen, begehrte Weine kosten manchmal dreistellige Summen – und werden nach einigen Jahrzehnten als gesuchte Raritäten nicht selten für mehrere Hundert Euro gehandelt. Inzwischen gibt es in der Pfalz viele Winzer und Genossenschaften, die das Spiel mit der Natur wagen und die Trauben zumindest auf einer kleinen Rebfläche nicht zur üblichen Zeit ernten.

Das ist indes mit einem gewissen Risiko verbunden. Der Stiel kann faulen, so dass die Trauben zu Boden fallen und verderben, Stare können den ungewohnten Leckerbissen in den Weinbergen entdecken oder die Nächte mit tiefem Frost bleiben einfach aus. Gerade in einem klimatisch begünstigten Gebiet wie der Region an der Deutschen Weinstraße kann das vorkommen.

Die Lese bei klirrender Kälte (sie beginnt meist morgens vor Sonnen­aufgang, damit nicht der natürliche Temperaturanstieg alles zunichte macht) ist nichts für verwöhnte Naturen; das Keltern der tiefgefrorenen Trauben Schwerstarbeit für die Pressen, die dabei sogar kaputtgehen können. Die Winzerkunst besteht vor allem darin, die wenigen Dutzend Liter meist klaren, goldfarbenen Traubensafts, die aus der Kelter fließen, zu Wein werden zu lassen. Denn 120 Grad Oechsle sind gesetzlich für einen Eiswein vorgeschrieben, meist bringen die Köstlichkeiten aus der Kälte weit mehr Mostgewicht – und damit natürliche Süße – auf die Waage.

Der hohe natürliche Zuckergehalt steht allerdings einer schnellen Gärung, die der Winzer anstrebt, im Weg. „Warm stellen und Hefe dazu“, lautet das Rezept der Winzer. Eiswein-Spezialist Frey aus der Pfalz erinnert sich noch an den Eiswein von 1985 mit 230 Grad Oechsle. Das Faß habe er im Sommer immer in die Sonne gestellt. „Doch es hat fast ein dreiviertel Jahr gedauert, bis sich genug Alkohol gebildet hatte.“

Die wuchtige Süße der Eisweine, gepaart mit stattlicher fruchtiger Säure, sorgt indes gemeinhin für Missverständnisse: Solcher Wein müsse doch unheimlich schwer und alkoholreich sein, meinen viele. Dabei ist der Alkoholgehalt von Eiswein – verglichen etwa mit dem von Spätlesen oder trockenen Qualitätsweinen – gering. Sieben bis höchstens zehn Prozent Alkohol tragen die Raritäten in sich, doch an aromatischer Fülle und edler Süße lassen sie sich kaum überbieten.