Wiesbaden: Wahltagsbefragung 2016 – Daten schließen Informationslücke

Wiesbaden – Wahltagsbefragungen oder Nachwahlbefragungen werden in Deutschland seit 1990 regelmäßig durchgeführt. Die dabei erhobenen Daten bieten die Möglichkeit, Wahlergebnisse zu analysieren. Rund 1.200 Wählerinnen und Wähler aus 18 repräsentativ ausgewählten Wahlbezirken in Wiesbaden, verteilt auf acht Standorte, beteiligten sich im Anschluss an ihre Stimmabgabe an der schriftlichen Erhebung, die vom Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik erstmals durchgeführt wurde.

Die im Rahmen der Wahltagsbefragung erhobenen Daten schließen eine Informationslücke: Beispielsweise lassen die Antworten der Befragten hinsichtlich ihres Wahlverhaltens, ihrer Einstellungen zu gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen und ihrer soziodemographischen Merkmale eine Charakterisierung der Wählerschaft verschiedener Parteien zu. Danach bestehen typische, traditionelle Parteibindungen noch, nach denen beispielsweise die Wählerschaft der CDU zum großen Teil aus älteren Gutsituierten besteht, während LINKE-Wählerinnen und -Wähler häufig für das Beibehalten von umverteilenden sozialpolitischen Maßnahmen sind und GRÜNEN-Wählerinnen und -Wähler den Umweltschutz priorisieren. Andererseits ist, gerade auch durch das zum Zeitpunkt der Wahl sehr virulente bundespolitische Thema Flüchtlinge, Bewegung in die Parteienlandschaft gekommen, was nicht zuletzt durch das starke Abschneiden der AfD, die überdurchschnittlich häufig von Männern sowie Menschen mit pessimistischem Blick in die eigene wirtschaftliche Zukunft gewählt wird, Ausdruck findet.

Dass bundespolitische Themen für die Parteienwahl der Stadtverordnetenversammlung von Bedeutung waren, bestätigt auch die Abfrage desjenigen politischen Themas, das die Wahlentscheidung beeinflusst hat. Unter den 950 Nennungen rangieren bundespolitische Themen (251 Nennungen) ganz oben. Darauf folgen Umwelt (118 Nennungen) und Bildung, Schule, Kinderbetreuung (99 Nennungen), während andere Themen, auch wenn sie noch kurz vor der Wahl kontrovers diskutiert und vielfach von der Lokalpresse aufgenommen worden waren, die befragten Wählerinnen und Wähler vergleichsweise selten in ihrer Parteiwahl beeinflussten: Windkraft (22 Nennungen), Straßenreinigung (16), Stadtmuseum (14), Dr. Horst Schmidt-Kliniken HSK (6) und Hundesteuer (6) blieben in der Zahl der Nennungen deutlich zurück.

Obwohl die bundespolitischen Wahlmotive einen großen Einfluss hatten und vor allem zugunsten der AfD wirkten, ist das Wahlergebnis nur zum Teil über diese Einflussgröße zu erklären. Zu berücksichtigen ist, dass der Großteil der Befragten Wahlmotive nennt, die (weitgehend) in den Gestaltungsraum der Kommunalpolitik fallen. Die weiteren Auswertungen zeigen, dass die positive Bewertung der kommunalpolitischen Arbeit einen starken, unabhängigen Einfluss auf die Wahlentscheidung ausübt und den Einfluss der Bundespolitik in erheblichem Umfang abschwächt.

In der Summe kommt die Untersuchung zu einem ambivalenten Ergebnis: Es kann einerseits festgehalten werden, dass ohne den bundespolitischen Kontext die AfD sehr wahrscheinlich einen wesentlich geringeren Stimmanteil erhalten hätte. Andererseits belegt die Untersuchung einen sehr starken Einfluss der Bewertung der Arbeit kommunalpolitischer Akteure, von dem die Koalitionsparteien CDU und SPD profitieren.

Wer an Details interessiert ist, wird im Internet fündig: Die Wiesbadener Stadtanalyse kann unter www.wiesbaden.de/statistik kostenfrei heruntergeladen werden.

Fragen beantworten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik, Telefon (0611) 315691, FAX (0611) 313962,
E-Mail amt-fuer-strategische-steuerung-stadtforschung-und-statistik@wiesbaden.de.