Kirchheimbolanden – Vielen dürfte Sven Hieronymus alias „Rocker vom Hocker“ aus dem Morgenprogramm eines Radiosenders bekannt sein. Hier versüßt er den Zuhörern jeden Morgen mit kurzen Comedy Häppchen den Start in den stressigen Alltag.

Sven Hieronymus in der Stadthalle an der Orangerie (Foto: Helmut Dell)
Sven Hieronymus in der Stadthalle an der Orangerie (Foto: Helmut Dell)

Bereits während der Fahrt zu seinem neusten Programm „Rocker unter Strom“ in der Stadthalle in Kirchheimbolanden, auch bekannt als die „kleine Residenz“, stellt man sich die Frage, ob der Comedian auch das Zeug dazu hat die Zuschauer über die volle Länge seines Comedy-Auftritts zu fesseln und zu unterhalten.

Langsam füllt sich die Stadthalle an der Orangerie. Der Saal bietet mit über 400 Sitzplätzen eine angenehme Größe und erzeugt somit eine fast familiäre Stimmung. Das Licht verdunkelt sich und die Spannung in den Zuschauerreihen steigt. Die Ansage ertönt, heizt die Stimmung auf und kündigt den Rocker u.a. als „Hackfresse der Herzen“ an.
Plötzlich betritt ein „menschenähnliches Wesen“ die Bühne und wird vom Publikum mit einem warmen jedoch zunächst noch etwas verhaltenem Applaus begrüßt. Das ist er also, der Rocker. Er trägt lange blonde Haare, eine gelbe Sonnenbrille, blaue Jeans und ein Black Sabbath T-Shirt, welches seinen stattlichen Oberkörper umschmiegt.
Gleich zu Beginn gibt der Rocker Vollgas. Wie gewohnt spielen auch bei seinem neusten Programm alltägliche Situationen die Hauptrolle. Wobei die Erlebnisse aus der Gegenwart im Vergleich zu den Erinnerungen an die guten alten Zeiten stets den Kürzeren ziehen. Sei es der Besuch beim „Po-Doktor“, der Auftritt der „Joe Pickel und die Mitesser“-Band auf der Kerb oder das letzte Klassentreffen der 10a, der gebütige Mainzer Schule kann jeder Situation etwas Witziges abgewinnen. Nur zu gerne erinnert er sich an die Discofahrten auf seinem Bonanza Fahrrad oder an die sexuelle Aufklärung durch Dr. Sommer aus den Bravo-Heftchen seiner Schwester, die er nach eigenen Angaben nie absichtlich gelesen habe, sondern nur wenn ihm diese zufällig in die Hände fielen.

Foto: Helmut Dell
Foto: Helmut Dell

Immer unter Strom bedient sich der Rocker auch den neuen Medien um z.B. seine Frau auf einer Internet-Plattform als „Frau mit vielen Vorbesitzern“, an Bastler abzugeben und ist sich selbst nicht mal für Brazilian Waxing oder Duschen zu schade, damit zu Hause mal wieder das Glöckchen klingelt.
Immer wieder wird das Programm durch Handyanrufe seiner Frau und Tochter unterbrochen, die z.B. von den neuesten Fortschritten bei der Fahrstunde mit dem Fahrlehrer Manfred berichtet. Diese Anrufe erscheinen zunächst etwas störend, entpuppen sich jedoch im Verlauf der Vorstellung als eine geschickte Überleitung zum jeweils nächsten Thema. Mit jedem Klingeln wird man aus den Erinnerungen in die Gegenwart gebracht.

Spätestens in der zweiten Halbzeit hat der selbsternannte „Grand Slam Gewinner der Orientierungslosigkeit“, der angeblich seine fünf schönsten Jahre in der 8. Klasse verbracht hat, die letzten Zweifler auf seiner Seite und wird mit einem tobenden Applaus aus der Pause begrüßt.
Unerschrocken erklärt der Biertrinker allen Weintrinkern, Veganern, Gemüsegrillern und Bademeistern den Krieg, die er genauso durch den Kakao zieht wie auch sich selbst. Dabei weckt er beim Zuschauer längst vergessene Erinnerungen an den Schulhof und den Schwimmbadbesuchen, die weit in der Kindheit zurückliegen.

Lediglich in einigen wenigen Szenen, in denen sich der Künstler absichtlich leicht verlegen präsentiert, um den weichen Kern des harten Rockers aufzuzeigen, erscheint der Comedian leicht aufgesetzt und nicht ganz authentisch im Gegensatz zu seinem restlichen sehr stimmigen und abgerundeten Gesamtkonzept.

Sven Hieronymus polarisiert und präsentiert zwei schöne Stunden bodenständiger Comedy mit leicht verdaulichen Themen inklusive Lachgarantie. Nach der Zugabe kam er noch einmal auf die Bühne: „Weine könnt ich…. weine!“