Heidelberg: 100. Todestag von Vinzenz Czerny

Der große Heidelberger Chirurg, Strahlentherapeut und Krebsforscher: Am 3. Oktober 2016 jährt sich sein Todestag zum 100. Mal

Heidelberg – Erstmals in Deutschland wagte er sich 1890/91 an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg an die Operation von Hirntumoren / 1906 gründete er das Samariterhaus, eine „Heil- und Pflegeanstalt für Krebskranke“ mit dem „Institut für Experimentelle Krebsforschung“ / Patientenbehandlung und Forschung waren somit erstmals unter einem Dach / Er erkannte als einer der ersten Mediziner, „dass Therapieergebnisse durch zusätzliche Strahlen- und Chemotherapie verbessert werden können“ und wies damit auf die kombinierte Krebstherapie.

Vinzenz Czerny, geboren am 19. November 1842 in Trautenau, wurde 1877 nach Heidelberg berufen, wo er die neu errichtete Chirurgische Klinik leiten konnte. Ab 1906 widmete er sich dem Aufbau des ersten Instituts für Krebsforschung: Im Heidelberger Stadtteil Bergheim war es im ebenfalls von Czerny gegründeten Samariterhaus, einer „Heil- und Pflegeanstalt für Krebskranke“, angesiedelt. Patientenbehandlung und Forschung waren somit erstmals unter einem Dach vereinigt – noch heute ein Heidelberger Erfolgsmodell, das unter anderem im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg, NCT, gelebt wird, einer gemeinsamen Einrichtung des Universitätsklinikums Heidelberg, des Deutschen Krebsforschungszentrums und der Deutschen Krebshilfe. Für Kliniker und Forscher verschiedener Fachrichtungen ist Czerny ein Wegbereiter ihres Faches. Er starb knapp 74-jährig am 3. Oktober 1916 vermutlich an Folgen einer strahleninduzierten Leukämie und wurde auf dem Heidelberger Bergfriedhof bestattet.

Meilensteine der Chirurgie und des interdisziplinären Arbeitens

Vinzenz Czerny galt weit über die Grenzen Heidelbergs hinaus als glänzender, ja vorbildlicher Chirurg seiner Zeit. Erstmals in Deutschland wagte er sich 1890/91 selbst an die Operation von Hirntumoren. „Interessant ist die zeitgenössische Bewertung beider Fälle, wie sie Czerny selbst in den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (1892) vorgenommen hat“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang U. Eckart, Direktor des Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Heidelberg.

Sie zeigt, wie konzeptionell eng bereits damals Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie zusammengelegen haben. Sie macht aber auch deutlich, wie realistisch zurückhaltend sich der große Heidelberger Chirurg Vinzenz Czerny 1892 noch zum Zusammenhang von Psychose und chirurgischer Intervention verhielt.“

Das Samariterhaus in Heidelberg-Bergheim wurde von Czerny 1906 gegründet. (Foto: Universitätsklinikum Heidelberg)
Das Samariterhaus in Heidelberg-Bergheim wurde von Czerny 1906 gegründet.
(Foto: Universitätsklinikum Heidelberg)

Höchst berechtigt, wie die Zukunft zeigen sollte:

 „Die zwei Fälle“, so Czerny 1892, „geben mir zu denken, ob nicht ein kleines Körnchen Wahrheit dabei ist, wenn sogar Psychiater jetzt anfangen, Psychosen chirurgisch zu behandeln. Ich glaube ja nicht, dass etwas mit der Hirnresection zu erreichen sein wird, aber was wir zu erzielen im Stande sind, ist eine gewisse Regulierung des intracraniellen Druckes. Wir können durch Aufklappen des Schädels und Eröffnung der Dura die Drucksteigerung herabsetzen, und es zeigt sich, dass dadurch auch die Circulation besser reguliert werden kann“*.

 

* Czerny [kasuistischer Bericht], in: Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie – Einundzwanzigster Congress, abgehalten zu Berlin, 8.-11. Juni 1892, Berlin 1892, S. 33-36.