„Heast, Großgoschata, hoits zam“

Schimpfkultur

Beschimpfungen im Dialekt

Wien. Es gibt einiges, wodurch sich ein typischer Wiener auszeichnet: Die Fähigkeit, Hochdeutsch zu sprechen, geht ihm meistens völlig ab. Er legt viel Wert auf seine Kaffeehauskultur, möchte am liebsten mit der deutschen „Filterkaffee-Plörre“ nichts zu tun haben.

Aber der Wiener ist vor allem eines – ein "Grantscherbm". Er ist die meiste Zeit übel gelaunt, äußert sich gerne abfällig über alles und jeden und blickt seinen Gegenüber nicht selten naserümpfend an und denkt sich im Stillen: „Der depperte Trottl da hinten soll sich bloß nicht blöd spüün, sonst hau ich ihm in die Goschn, dem Oaschloch.“

Derb und laut ist das Wienerische und das Granteln wird in Wien förmlich zelebriert. Da bietet es sich durchaus an, vor allem uns Piefkes, wie uns unsere österreichischen Freunde noch immer liebevoll nennen, aber auch allen anderen Interessierten einen Reiseführer der besonderen Art zur Verfügung zu stellen – damit wir bei unserer nächsten Reise in die herrlich morbide Stadt des Burgtheaters und der Strudlhofstiege auch allfällige Beleidigungen und Provokationen wortgenau verstehen.

Dieses Ziel hat sich das jüngst im Holzbaum Verlag erschienene Buch „Schimpfen wie ein echter Wiener“ von Anna Mehofer (Text) und Maria Antonia Graff (Bilder) gesetzt. Dem Leser wird hier ein Potpourri an Wiener Schimpfwörtern und einschlägigen Schmähsätzen mit Erläuterungen und anschaulichen Zeichnungen geboten. Das Register bietet dabei eine willkommene Hilfe, die Beleidigung zu finden, die man unter Umständen gerade im langgezogenen und lautstarkem Wienerischen erhalten hat. Aber auch zum bloßen Blättern und Schmunzeln regt das Büchlein an. Die instruktiven Erläuterungen zu den einzelnen Kapiteln – z.B. „Wie Wien frisst und säuft“ oder „Gekonnt sterben und ermordet werden“ – geben dabei wertvolles Hintergrundwissen, was das Buch auch als Informationsquelle bezüglich der Lebensart und dem Alltag der Wiener wertvoll macht.

Dabei muss natürlich auch gesagt werden, dass das Wienerische – im Grunde wie alle Dialekte – eher nur im Gesprochenen richtig funktioniert. Auf dem Papier wirken die deftigen Worte nur bedingt. Denn während man z.B. bei dem geschriebenen „Braadoachata“ noch überlegt, was das bedeuten könnte, und es im Grunde fast mit dem Finger lesen muss, entfaltet es laut ausgesprochen erst den typischen Wiener Klang. Ideal wäre daher noch eine beiliegende CD gewesen mit entsprechenden Hörbeispielen.

Dies wäre aber bei diesem kleinen Büchlein wohl doch etwas übertrieben. So bleibt es ein nettes Geschenk vor allem für diejenigen, die bald zum ersten Mal Wien besuchen werden, oder als Überbrückung bis zu zum nächsten Aufenthalt für die, die Wien bereits als schönste Stadt der Welt erkannt haben.

Infobox:

Anna Mehofer / Maria Antonia Graff:
„Schimpfen wie ein echter Wiener“

Holzbaum Verlag Wien
128 Seiten, Softcover
Euro 9,99