Verleihung der UNESCO-Dokumentenerbe-Urkunde

Großer Moment

Worms – Am vergangenen Donnerstag (17. März 2016) wurden im Rahmen einer Feierstunde im Lutherhaus zu Wittenberg die UNESCO-Urkunden an elf bedeutende Bibliotheken und Archive überreicht.

Mit dabei war auch die Stadtbibliothek Worms, aus deren historischen Beständen 14 ausgewählte „Frühe Schriften der Reformation, initiiert von Martin Luther“ in das Weltregister des Dokumentenerbes der UNESCO aufgenommen wurden. Die Stadtbibliothek Worms ist mit ihrem Exemplar der Ratsherrenschrift von 1524 vertreten, in der Luther die Städte zur Errichtung von Schulen und Bibliotheken ausruft.

Wie Professor Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission, und Professor Gerhard Robbers, Justizminister und Reformationsbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz, in ihren Reden betonten, war die Reformation auch eine „Bildungsrevolution“, in der Luther das Verhältnis des „lernenden“ Menschen zur Tradition veränderte. Das UNESCO-Ziel einer „inklusiven, gerechten, hochwertigen, lebenslangen Bildung“, so Wulf, sei in Luthers Bildungsverständnis angelegt. Der Ratsherrenschrift kommt hier eine programmatische Funktion zu. Das Exemplar der Wittenberger Erstauflage in der Stadtbibliothek Worms gehört zur Lutherbibliothek, ein Geschenk von Maximilian Heyl an seine Heimatstadt anlässlich des 400. Geburtstages von Martin Luther 1883 .

Der besondere Dank aller Redner ging an die Professorin Irene Dingel und ihren Mitarbeiter Dr. Hennig P. Jürgens vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz, von denen die UNESCO-Nominierung der 14 ausgewählten frühen Handschriften und Drucke von Martin Luther wissenschaftlich begleitet  wurde. Ausführlich beschrieben sind die 14 Dokumente in dem Band „Meilensteine der Reformation. Schlüsseldokumente der frühen Wirksamkeit Martin Luthers“ (Gütersloh 2014).

In einer Presserklärung aus Berlin ließ Bundesbildungsministerin Johanna Wanka mitteilen: „Exzellente Forschungsarbeit hat diese Würdigung ermöglicht… Mit Blick auf das Reformationsjubiläum im nächsten Jahr bekommt diese Würdigung durch die UNESCO besonderes Gewicht.“

Justizminister Robbers ließ in seine Rede eine rheinland-pfälzische Perspektive einfließen: Das Land gedenkt 2016 des 500. Todesjahres von Johannes Trithemius, Abt des Benediktinerklosters Sponheim bei Bad Kreuznach. Der Klosterreformator, Humanist und eifrige Büchersammler am Beginn der medialen Revolution des Gutenberg-Zeitalters verteidigte in seiner berühmten lateinischen Schrift „Über das Lob der Schreiber“ (gedruckt in Mainz 1494) die Handschrift gegen den Buchdruck – u.a. mit dem Argument, Pergament als traditioneller Beschreibstoff für Handschriften sei haltbarer als das für den Buchdruck verwendete Papier. Es ging Trithemius um die Bewahrung der schriftlichen Überlieferung für die Nachwelt. Ganz in dieser bildungs- und wissenschaftsgeschichtlichen Tradition ist die Aufnahme in das UNESCO-Register für die ausgezeichneten Institutionen eine Verpflichtung: „Preservation and access“ – die konservatorisch fachgerechte Bewahrung der ihnen anvertrauten historischen Dokumente und der freie Zugang zu diesen Dokumenten, mit dem Ziel, Wissen und Kultur zwischen den Völkern weltweit zu vermitteln und zu teilen. Seit 1992 sind weltweit 348 Dokumente und Dokumentengruppen in das UNESCO-Dokumentenerbe aufgenommen worden, darunter die die drei Nibelungenhandschriften in München, St. Gallen und Karlsruhe/Stuttgart,  Musikpartituren von Bach und Beethoven, Filme wie Fritz Langs „Metropolis“ (1927) oder kulturgeschichtlich einmalige Objekte wie die Himmelsscheibe von Nebra aus der frühen Bronzezeit.

Die freie Zugänglichkeit ihres Exemplars der Ratsherrenschrift hat die Stadtbibliothek Worms sichergestellt: Komplett digitalisiert kann die frühe Druckschrift jederzeit und weltweit im Internet über die Homepage der Stadtbibliothek Worms bzw. über das Digitalisierungsportal der rheinland-pfälzischen Bibliotheken unter http://www.dilibri.de/stbwodfg/content/titleinfo/1513482 abgerufen werden. Unter bibliothekarischer Aufsicht kann das Original im Lesesaal der Stadtbibliothek in Original eingesehen werden.