Querschnittsgelähmter Organist Michael Lampert ist für Edenkoben „ein Glücksfall“

Michael Lampert

Wenn Michael Lampert sonntags in der Edenkobener Stadtkirche in die Tasten greift, muss selbst der Orgelkundige schon genau hinhören, um dem Fehlen der Pedal-Register auf die Spur zu kommen. Seit 30 Jahren ist der 44-Jährige auf den Rollstuhl als Fortbewegungsmittel angewiesen. Dass er dennoch seit 2002 den Organistendienst in Edenkoben quasi alleine versieht, sich obendrein um die Vertretungen kümmert, ist in den Augen von Pfarrerin Judith Anefeld ein wahrer Glücksfall für die protestantische Kirchengemeinde.

„Wir fühlen uns durch diesen Dienst, sein handwerklich versiertes und überaus inspiriertes Orgelspiel kirchenmusikalisch ganz wunderbar begleitet und bereichert“, schwärmt die Pfarrerin. „Mit einigem Registrierungsgeschick kommt man ganz gut ohne Pedal durch“, versichert Michael Lampert. Natürlich könne man nicht alles spielen, aber schon mal „einen größeren Bach“. Barock und Romantik seien seine persönlich bevorzugten Epochen, „aber es darf auch mal was Modernes sein“.

Mit sechs Jahren habe er mit einer schlichten Melodika begonnen, erzählt der gebürtige Edenkobener. Besonders die Mitwirkung im Kindergottesdienst habe sein musikalisches Interesse beflügelt. 1981 begann der Unterricht im Kirchenmusikalischen Seminar Neustadt bei Ulrich Loschky.

1983 passierte, was alle Pläne und Lebensentwürfe erst einmal auf den Kopf stellte: Eine infektiöse Erkrankung führte zur Querschnittslähmung, damit rückten Seminarprüfung, Orgelspiel und vieles mehr in weite Ferne. Aber aufgeben habe er nicht wollen, sagt Michael Lampert. Mit Hilfe der Familie und vor allem durch seine tiefe Verwurzelung im christlichen Glauben habe er gelernt, das Unabänderliche zu akzeptieren.

Die Musik half, gerade in der schwierigen Anfangszeit, neuen Mut zu fassen. Nachdem er seine Übungen wieder intensiviert hatte, gab es bald erste Betätigungsfelder. Mal spielte er bei einer Hochzeit, mal bei einer Taufe, dann auch immer öfter im Gottesdienst. 1998 erhielt die Kirche auf Betreiben des Presbyteriums und des damaligen Pfarrers Hartmut Mittag einen Treppenlift zur Orgel. Seither ist Lampert nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen, wenn er sich zum Üben aufmacht.

„Die Orgel ist für mich zu einer Art Sprachorgan geworden“, sagt Michael Lampert, dessen gemeindliches Engagement sich übrigens keineswegs auf die Dienste am Instrument beschränkt. Obendrein amtiert er im Presbyterium, kümmert sich um die Webseite der Kirchengemeinde, das Layouten des Gemeindebriefs, fotografiert begeistert und ist last not least auch Mitglied im Posaunenchor.

„Im Grunde meines Wesens bin ich zum Glück ein positiv denkender, zupackender Mensch“, bekennt Michael Lampert, der beruflich als Laborleiter im Neustadter Klinikum Hetzelstift arbeitet. Natürlich erlebe er immer wieder mal trübe Stimmungen, Momente, in denen er mit dem Schicksal hadere. Aber meist überwiege die Dankbarkeit für sein trotz der Widrigkeit unabhängiges und erfülltes Leben. Er fahre Auto, habe eine komfortable, behindertengerechte Wohnung, einen interessanten Beruf und Talente, die sein Leben wunderbar bereicherten. „Und obendrein darf ich mich in meiner Kirchengemeinde, im Kreis der Menschen, die sie tragen, beheimatet fühlen. Was könnte ich mehr wollen?“